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G E R D s

E L E V E N T Y

W A L D . G A R T E N . B A D E N

Kein Materialismus, ich glaube …

Vor rund fünfzig Jahren habe ich (Gerd) im Radio mal ein Lied von Erika Pluhar gehört.

Darin geht es um eine verflossene Liebschaft, der sie gefühlsvoll mit „es war ein mal schön … und keiner hat Schuld ...“ nachtrauert.
Ein eher gesprochener als gesungener Text ist mir in Erinnerung geblieben:
„... Ich habe kein Talent für das Schicksal. Ich glaube an das, was ich mir wünsche … Ich liebe Dich ...“

 

Schon mehrmals habe ich mich gefragt, ob wir überhaupt - wie einige aus dem Kreis meiner Freund*innen in Bewegung behaupten - in einem materialistischen Zeitalter leben.

Zum einen greife ich da gerne auf Johannes Begriff des Gefühlsdenkenden zurück, welcher in unseren Fantasiespielen im Verein für einen bestimmten Charakter - sprich Volk - erwähnt worden ist.
Inzwischen habe ich hierzu sogar eine reale Entsprechung gefunden: Ich meine, es handelt sich da um ein „Denken“, das stark von Gefühlen, von Empfindungen, vom Reich der Emotionen gefärbt ist.
Daraus folgt ein recht subjektives Erleben, mitunter ohne dass sich die Erlebende dessen bewusst ist.

Ich halte es für durchaus berechtigt zu sagen, ich habe dies und Jenes so erlebt, und diese und jene Meinung - und vor allem wie sie im Diskurs vertreten wird - ist so und so bei mir angekommen, und ich habe mich so und so gefühlt … und mir sind da diese und jene Bilder gekommen, worin ich mir wie in einem polyzentrischen Raum mit vielen Schwerkraftfeldern vorgekommen bin, wo es mir schwer gefallen ist, bei mir zu bleiben und meinen Standpunkt neutral zu vertreten …

Wenn ich mir dessen bewusst bin, dass es sich da um Bilder handelt, vermag ich dies auch so zu kommunizieren. Andernfalls laufe ich Gefahr, meine „Gefühls-Gedanken“, was ich von einem Thema halte, für einen objektiven Tatbestand zum Thema selbst zu halten … und bemerke (im Bilde) gar nicht mein Hinein- oder Herunter-Fallen zu einer „Welt“, die mich da angesogen hat … zu Lasten meiner Beweglichkeit. Mitunter bin ich dann auf etwas hereingefallen.

Übend könnte ich auch solche Gedanken entwickeln, welche unabhängig und immer unabhängiger werden von meinen Gefühlen … ja im Bilde (m)ein „Aufsteigen“ aus dem trüben See des traumhaften Erleben zur klaren Bergluft des wachen Tageslebens. Das kann ich nicht durch theoretische Grundsätze und Prinzipien erreichen, sondern wohl nur durch das Leben selbst.

Wer hat es von uns nicht schon erlebt, dass sich so manche aus ihrer Umgebung einfach nicht weiterentwickeln wollen zum Hinzuhören auf dasjenige, (was nicht aus ihren inneren Vorurteilen, aus ihrem Vorempfinden, ihrer inneren Vorliebe herauskommt, sondern auf Jenes,) was sich gewissermaßen unabhängig von ihrer Person sach - verhält ? Bei mir ist dies schon auch mal vorgekommen … etwa im Ärger über gewisse Bindestrich-Verantwortungen.

Mag ich zunächst dabei bleiben, zu erzählen, wie Dies und Jenes bei mir ankommt, was es in mir auslöst und was ich davon halte …
mit der Zeit gewinnt jedoch die Frage, was den Dies und Jenes denn (inhaltlich)
ist, bzw. sein Sachverhalten, an Relevanz und Interesse.

Hierzu habe ich vor rund vierzig Jahren in einer kirchlichen Studentengemeinde die Erfahrung gemacht, dass bei mancher „Gefühlsdenkenden“ (oder im Bilde der eben erwähnte Charakter eines Sumpfes oder dunklen Sees) vergangene Erlebnisse zu Verhaltensmuster geführt haben,welche ihr zunächst gar nicht bewusst gewesen sind, aber diese ihr Handeln einschränken, oder sie gar zur Gefangenen eigener Verstrickungen machen. Damals haben wir in unserer Gruppe einander „Geschichten“ über Geschwister-Situationen erzählt und uns dabei ausgetauscht, moderiert von unserem damaligen Studentenpfarrer, welcher hierfür einen individuell-psychologischen Ansatz gewählt hat.

Wenn hier auch aus meinem Rückblick dies recht intellektuell formuliert ist, dient mir dies dennoch als Beispiel von Möglichkeiten wie „Gefühlsdenkenden“ begegnet werden und gemeinsam mit ihnen ein Weg beschritten werden kann. Erlebt haben wir dies weniger intellektuell, vielmehr herzlicher und aufklärender, gelöster ... schwer in Worte zu fassen, doch wir haben da ein Stück gemeinsamer Geschichte errungen. Ein diakonischer Ansatz zur Begegnung unserer größten Herausforderung - das uns stetig einholende Soziale - vermag da zu helfen ... gleich „Wenn eine Dich nötigt, mit ihr eine Meile zu gehen, dann gehe mit ihr zwei“ ... wohl überall, auch im Kreise der Seelenturnenden, wo ich selbst versucht habe dies zu praktizieren. Jedenfalls braucht dies Zeit und Erdung, etwa ein „Einwilligend in Gebundensein wird deine Freiheit geboren“ ... da werde ich entspannter und es kommen mir mehr Ideen, weil ich nicht auf die Uhr schauen muss, um zu einer bestimmten Zeit wo zu sein. Das nimmt Stress weg, und ich kann besser im „Hier und Jetzt“ agieren.

 

Zum anderen vermisse ich die Konsequenzen eines Materialismus in der Tat.

Davon habe ich schon in der Covid-Krise und in der Anregung daraus wieder zu sich zu kommen, erzählt. Heute, und auch schon unlängst, habe ich mich gefragt, was uns eigentlich die Unterstützung der Ukraine bringt … haben wir vor fünfzig Jahren günstiges Gas aus der Sowjetunion bekommen, und keiner hat sich für die achttausend in der Wolga versunkenen Dörfer im Namen des Fortschritts, oder für die baltischen Sowjetrepubliken, interessiert - und heute beziehen wir den Ramsch aus China, sind froh darüber, und kein Mensch fragt nach Tibet oder nach den Uiguren …

Wäre der Materialismus konsequent, hätten wir uns alleine aus wirtschaftlichen Gründen mit der von uns weiter östlich gelegenen Tankstelle nicht verscherzt … haben wir ja vor fünfzig Jahren auch nicht … Es würde sogar genügen, soziale Gerechtigkeit alleine im Materiell Wirtschaftlichen zu suchen. Sogar der Opportunismus scheint zu verblassen, denn Deutschlands und Österreichs Wahlen wären mit einem „Materialismus“ in Sachen Covid und Ukraine ganz anders ausgegangen … hätten uns die Ampeln erspart … Wo bleibt die politische Ökonomie ?

Friedliche Koexistenz der Freien Welt und der Diktaturen - das Teilen und Herrschen … Nichts Neues, und rein materiell würde es uns besser gehen, denke ich.
Mir kommen die Missionen, anderen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, keineswegs aus einem Materialismus, sondern eher aus Ideologien.

 

Damit möchte ich nicht den Materialismus bewerben, sondern vielmehr stelle ich die (dazu Anti-) These auf, dass wir nicht in einem materialistischen Zeitalter, sondern in einer Zeit der Haltlosigkeit leben.

Da ist einfach nichts … keine Weltanschauung … Den … mir scheint … geglaubten Materialismus nehme ich aus dem passiven Fallen wahr, welcher sich ohne mein Zutun alleine aus der Schwerkraft einstellt.

Mir ergibt sich der „Materialismus“ aus der Abwesenheit (m)einer sprituellen Aktivität, welcher der Vorgabe des Fallens zu begegnen vermochte … Er erwächst aus einer gewissen Bequemlichkeit und schläfrigen Faulheit im Sich Gehen Lassen, welche keine ergriffene Muße ist … bis alles in sich zusammenfällt. Brauche ich dafür einen Begriff ? Muss ich diesen Anfang des Untergangs für den Diskurs benennen ?

Ich komme aus einer bildungsbürgerlichen Tradition, woraus mir die Ansicht, dass Anschauungen aus einer gewissen Aktivität kommen, erwachsen ist - und wenn da nichts ist, dann ist (mir) da auch nichts …
Ah, ich hab's wieder mal in einem Spaziergang im Walde gefunden … Es ist nicht der „Materialismus“ - es ist die
Herrschende Leere.

Denn der Materialismus beschäftigt sich mit der toten Materie und dem „mineralischen Einschluss“ des und der Lebenden und vernachlässigt, übersieht, oder negiert das Lebendige und Wesenhafte …
aber immerhin beschäftigt sich der Materialismus wenigstens mit dem Ebengenannten.

Die Herrschende Leere beschäftigt sich mit gar nichts, möchte sich auch mit gar nichts beschäftigen - wäre ja zu anstrengend und bedürfte einer gewissen Aktivität. Daher auch das Abschweifen in eine Autoritätsgläubigkeit … nur deren Meinung in der Covid Corona-Krise … kein eigener Standpunkt, keine Auseinandersetzung, kein Diskurs (erlaubt) … und stattdessen nur das Herein-Fallen in die mir nächstgelegene Welt der Wunschvorstellungen aus dem vorhin erwähnten Gefühls-„Denken“ ?

 

In der Natur widersteht jedoch die Tragekraft der Erde, bzw. des festen Elementes, dem Sog der Schwerkraft. Im Seelischen muss ich diese Haltekraft der Erde mit jener Zutat, welcher der vorgegebenen Schwerkraft widersteht und weiter zur aufrechten Haltung führt, ergreifen … um nicht - bildlich - im Treibsand zu versinken, worin … oder auf dünnem Eis, worauf … wir unversehens hingelangt sind, einzubrechen.

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