Eleventy.at - Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern

G E R D s

E L E V E N T Y

B A C K . I N . T I M E

Zwischen Berichten und Geschichten Erzählen

Wie schon vor rund zwei Jahren angekündigt, fühle ich mich bei bestimmten Motiven - vor allem, wenn sie aus dem Stillleben kommen - als Geschichtenerzähler wohler, als als Reporter, welcher über das ihn Berührende einen Sachartikel schreibt. In diesen Begebenheiten begnüge ich mich nicht mehr mit der anfangs beobachtenden Distanz, sondern gehe weiter in (m)ein anwesendes Dabei Sein, welches mir in weiterer Folge erst das Erzählen gestattet.

So kann ich mir vorstellen, dass ein „geschichtenerzählender Reporter“ mitunter für gemischte Gefühlen sorgt, weil man da einen Verlust an Objektivität und Unvoreingenommenheit vermutet.
So möge jener
Storyteller denn vielmehr seine Erlebnisse als überprüfte Sachverhalte mitteilen, und diese sogar als Fake News missverstanden werden. Ersetzen da Geschichten die Recherchen ?

Tatsächlich ist mir dies eine offene Situation mit vergleichsweise mehr Risiken von Missverständnissen als die gewohnten Berichte des unvoreingenommenen Beobachters, welcher die Ereignisse aus seiner Loge kommentiert (aber eigentlich damit nichts zu tun hat). Denn darin wohnt die Frage, welches Verhältnis das Subjekt zum Objekt mit der Neutralität zu Gunsten der Wirklichkeit einnimmt:

 

Eine mir geläufige Meinung ist jene, wonach sich das Subjekt möglichst zurücknehmen und in seiner Rolle des Wahrnehmenden verbleiben soll. Keineswegs möge das Wahrnehmen durch die Gefühle im Erleben (oder des Erlebten) getrübt werden. Der Berichtende ist bloß Sprachrohr oder (in alten Zeiten) nur Kanal dessen, was sich mitteilen will. Das Subjekt ist nicht beteiligt und daher mitungter sogar abwesend … vielleicht sogar in der Art „Gut, dass ich nicht da bin.“, wenn es ihm unangenehm werden würde.

Dies ist ja inzwischen im Trend des „mobile first“ bis zur Belanglosigkeit steigerbar … Alles erledigt der Rasende auf Tour im Vorbeigehen auf seinem kleinen Taschenrechner. Immer unterwegs und sich keine Ruhe, Bleibe und Heimat gönnend … Solche Menschen können einem leidtun.

Eine mir inzwischen stimmigere Meinung ist jene, wonach eine Objektivität ohne das Subjekt nicht möglich ist, bzw. sich Subjekt und Objekt - mit anderen Worten: der Anwesende und das Wesentliche - begegnen. Und darin erwächst mir die o.a. offene Situation, weil sich jenes Verhältnis zwischen anwesender Person und dem Wesentlichen (z.B. aus dem Stillleben) entwickelnd nach und nach einstellt, aber nicht von Vornherein schon gegeben ist.

 

Das Erwachsen jenes Verhältnisses ist (mir) ein Weg, ein Prozess, ein Werden, denn in dieser Beziehung stellen sich für die anwesende Person viel mehr und höhere Anforderungen als beim lediglichen Beobachter. Schon alleine die Qualität (m)einer Anwesenheit bedarf gewisser Übungen und Pflege von zum Beispiel einer Gelassenheit und Ausgeglichenheit im Gefühlsleben. Habe ich meinen Beweggrund gefunden, dann stelle ich mich in das Geschehen hinein und wirke mitunter mit. Dies mag im Vergleich zur Neutralität anstrengender und riskanter sein, doch darin wohnt die Chance mich selbst aufzugreifen - mich ins Spiel zu bringen, anstatt mich in meiner Abwesenheit dereinst aufgegeben zu haben …

Eine dafür mögliche Entwickungs-Umgebung sind mir die Phantasiespiele unserer Vereinigung gewesen, worin wir einander im Spiele zunächst Beschreibungen und dann Handlungen erzählt haben. Neben dieser sozialen Umgebung, worin wir uns den Rahmen erarbeitet haben, sind meine eigenen Erzählungen (innerhalb des Rahmens) auch aus dem Waldbaden, das in dieser Ausgabe im Buchtipp erwähnt wird, erwachsen. So korrespondieren Bilder aus meinen Geschichten mit realen Plätzen und Örtlichkeiten im Wald, wovon ich hier schon erzählt habe, auf ausgedehnten Flächen mit Wald und Wiesen, oder auf wenig befahrenen Straßenkreuzungen mit viel Grün und offenem Raum. „Geschichten aus dem Wienerwald“ bekommen auf diese Weise mal eine andere Bedeutung.

Jene Spiele erfolgen jedoch, zum einen mangels Interesse der anderen Autoren und zum anderen durch meine Entwicklung zum bewegten Erzählen (worin Bild und Bewegung in Wechselbeziehung kommen), nicht mehr in der ursprünglichen Weise. Damit frei von Abstimmbedürfnissen, greife ich dennoch aus dieser Welt Charaktere auf und lasse die Geschichte an beliebigen „Örtlichkeiten“ geschehen … weil es eigentlich egal ist, „wo“ sich diese zuträgt.

Eleventy.at - Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern