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G E R D s

E L E V E N T Y

H E R Z . F R E I . B E W E G T

Von Ausgleich zu Ausgleich

für Milan und Ulrike

Der untere dunkle (und schattige) Teil des Bildes erzählt mir von den not-wendenden Geschichten, worin die relevanten Charaktere stets aus der zu wendenden Not getrieben sind und ihr erforderliches Handeln nicht als frei und ihrem Wesen gemäß empfinden können oder dürfen.

Der obere hellere Teil des Bildes erzählt mir von der mir eigentlicheren Geschichte nach dem Ende der erforderlichen Handlungen. Nach diesem wohl zu verdienenden Ende darf die Muße - durchaus mal in einem Lazy Loungin - als Anfang einer neuen Geschichte stehen. Frei von der Not äußerer Zwänge, frei von Bedrängnis, ja darf sich (mitunter nach einer angemessenen Ruhepause) eine Entwickelung einstellen, welche dem Wesen des Sich Entwickelnden gemäßer wird. Dazu als Beispiel eine reale Geschichte, worin das bedingungslose Grundeinkommen m.E. eine schicksalhafte Rolle spielt.

Die sogenannte Frei-Zeit - oder einfach Sonn- und Feiertage als „Tage des Herrn“ - vermögen Ausprägungen beginnender neuer Geschichten sein, wenn ihr Muß aus der Muße (und nicht etwa aus einem sozialen Druck, welcher uns wiederum bedrängt und zwingt) kommt. Am besten ist mir da die theologische Aussage, wonach es kein Imperativ ohne Indikativ gibt, also keine Aufgabe ohne das Ermöglichende.

Weil es (mir) keine getrennten Welten gibt, oder anders gesagt: die Welten miteinander verbunden sind und sich gegenseitig ergänzen und austauschen, ist freilich zu erwarten, dass eine neue Geschichte in der Muße und im Lichte wesensgemäßer Entwickelung irgendwann wieder in das Dunkel eines Schattens geht - schon aus sozialen Gründen, denn dort wohnt die Dramatik unserer Zeit.

Es ist einfach Realität, dass ich mich asbald wieder inmitten äußerer Zwänge und Notwendigkeiten (be)finden werde - mitunter gleich der ersten Tage nach einem Urlaub, Sonn- oder Feiertag. Aber durch die vorangegangene freie Entwickelung im Lichte vermag ich nun besser mit den Umständen umzugehen, bzw. mich besser im Dunkel zurechtzufinden. Der Wechsel zwischen freier Entwicklung und zweckgebundenem Handeln ist mir gleich den musikalischen Längen und Kürzen im Bilde. Die Längen gestatten mir ein Werden, und in den Kürzen erfolgt ein praktisches Zupacken.

Vergnügen und Anstrengung müssen zueinander in einem rechten Verhältnis stehen, meint die inzwischen verstorbene Mutter einer Schafzüchterin aus Island. Es bedarf eines Gleichgewichtes zwischen „aufwärts strömenden“ Licht und der „abwärts lastenden“ Schwere, zwischen Längen und Kürzen, Werden und Wirken, Freizeit und Arbeitszeit … Die Schwerkraft wird als Widerstand im Leben dadurch gemeistert, dass der Mensch das Gleichgewicht erlangt zwischen Erdenschwere und der Leichtigkeit der Luft. Dies bewusst zu ergreifen braucht geduldigen Übens (etwa vom Müßiggang zum Schreiten). Es tut gut, sich von Zeit zu Zeit durch ein licht-heiteres Fliegen im Tanze für einen Augenblick der Schwere zu entheben. Wir feiern dadurch immer wieder unsere erste Errungenschaft als Menschen im Kreise der Freunde in Bewegung.

 

Ist also vorbei die Schicht, führt uns die Fahrt ins Licht. (Die o.a. Geschichte hat sich hier im Nachhinein eingefunden. Dieses Zusammentreffen habe ich nicht vorhergesehen.)

Der einen oder anderen mag in der Frei-Zeit die Frage kommen, warum sie asbald wieder in das „Dunkel ihrer Schicht“ muss. Ich denke, diese Frage ist so alt wie die Menschheit selbst. Dazu existieren viele Philosophien - unter anderem das Streben aus dem Kreislauf, immer wieder in die Schicht hineingestellt zu werden, auszubrechen. Eine dazu mir untergekommene Variante ist die Verneinung der Welt.

In einer mich ansprechenderen Variante wechseln sich zwar erst mal Licht und Schicht einander ab, aber dann kommen beide zusammen und ereignen sich allmählich einander zugleich. Aus dieser Variante erwächst der „Himmel auf Erden“ mit der „Erde im Himmel“ gleichermaßen. Beides wird ein Paar, gleich dem Feuer, das durch das Paar von Licht und Stofflichem existiert. Aus diesem feuergleichen Paar vermag (unter anderem) zum einen (das hier schon erwähnte und prickelnde) schwebende Gleichgewicht (in Gelassenheit) zu erwachsen, und sich dann zum anderen ein Ausgleich in der Schicht zu ereignen.

Der Vielfalt wegen, in anderen Worten im Bilde: „Heavens Open“ auf Erden, das Integrieren des Himmels in mein Dasein beschert mir (m)ein Gleichgewicht, woraus im darauf folgendem Stoffwechsel der Erhöhung und Veredelung der Welt (z.B. sozial einander) ein Stück „neue Erde“ ersteht.

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