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Wir von der Gemeinsamen Flamme

 

"Du bist zum ersten Mal bei einem dieser Treffen, nicht wahr?

Nun, ist kein Problem, ich werde es dir erklären. Was du hier siehst, sind wir alle, also alle Wesen unserer Art, Wir von der Gemeinsamen Flamme.
Tatsächlich sind heute wirklich alle gekommen, und unsere Freunde auch.

Warte, zunächst wird der allgemeine Teil kommen: Wir werden berichten, durchzählen, ob alle da sind, und ein paar Angelegenheiten regeln. Das wirst du schon noch verstehen, später einmal. Dann komme ich zu dir und ein paar anderen Neuen und erzähle euch die Geschichte, die ihr wissen müsst. Keine Sorge, es brennt nicht viel Öl währenddessen."

 

"So, also, ihr wolltet unsere Geschichte wissen? Gut, soweit ich sie kenne, kann ich sie erzählen. Leider kennt niemand von uns unsere ganze Geschichte; wir wissen von unseren Freunden, dass sie viel länger ist, als wir wissen. Aber unsere jüngere Geschichte kenne ich, soweit sie auch meine Geschichte ist; daher erzähle ich euch einfach mal meine Geschichte.

 

Ich erinnere mich an das Aufgestiegen-Sein, das drängende Suchen, als älteste Erinnerung.

Aber ich wusste nicht, was ich suchte, denn damals wusste ich noch nicht; das Durchdringende Feuer kannte ich nicht, und ich konnte noch nicht einmal zwischen Innerem Feuer und Äußerem Feuer unterscheiden. Wie du ja selbst weißt, bestehen wir aus Feuer - nicht nur, allerdings: Ein Kern unserer Pflanzenkörper ist notwendig, damit wir Nahrung haben. Nur drei von uns können ohne diesen Kern leben, aber das kommt schon noch.

 

Wichtig ist: Unseren Pflanzenkörpern ging es nicht gut, darum wurden wir.

Aber wir waren noch zu unvollständig, um irgendetwas zu tun oder zu verstehen, wir wussten nur, dass wir suchen mussten. Und so suchte ich, lange Zeit, bis mein Vorrat zur Neige ging.
Dann traf ich auf - nun ja, auf mich. Ein anderes Ich eben, und wir vereinigten uns zu einem neuen Ich.

Das war damals noch notwendig, wir hatten ja sonst nichts, das wir nutzen konnten. Das war ähnlich, wie wir heute Gedanken austauschen, nur dass es nicht ichloses Feuer war, das die Gedanken transportiert, sondern eben Feuer wie unser normales Inneres Feuer. Du darfst nicht denken, dass "ich" "das Andere" gefressen habe, wie wir Öl verzehren, denn sein Ich lebt ja in mir, also in meinem Inneren Feuer, ungeteilt fort, wenn auch nicht mehr als getrenntes Wesen.

 

Irgendwann wurde ich bemerkt, von unseren Freunden in Licht und Wind, wie wir sie nennen.

Sie selbst nennen sich "Philianer", glaube ich, aber ich habe ihre Sprache nie ganz verstanden. Das sind die großen Wesen, die hier sind; sie schweben herum und sind, wie du sehen kannst, fester als wir und haben eine ganz andere Gestalt, mit langen Auswüchsen und einem Knubbel obendrauf.

 

Zuerst haben wir einander beobachtet, dann haben sie es geschafft, sich mit mir auszutauschen.

Du weißt, dass wir schon immer mit Zeichen sprechen konnten - es ist einfach, das Äußere Feuer so zu bewegen, wie es das Innere Feuer will. Außerdem kann unser Inneres Feuer, wie ihr ja auch schon wisst, das Innere Feuer der Anderen beeinflussen und somit können wir Gedanken übermitteln. Viele Wesen, vielleicht sogar alle, haben ein Inneres Feuer, auch wenn es unglaublich verschieden sein kann.

Das Innere Feuer der Freunde in Licht und Wind ist sehr hell, aber weniger heiß und sehr schwer greifbar, aber wir konnten uns zumindest ein wenig unterhalten - wer ich sei, was ich wolle. Und ich wollte lernen, wobei sie mir auch helfen wollten. Sie sind merkwürdig, aber stets freundlich, ihr könnt ihnen also vertrauen.

 

Mit ein paar anderen Wesen, die so aussehen wie sie, aber nicht schweben können und deren Körper furchtbar schwer und dicht sind, schwerer als selbst unsere Pflanzenkörper, aber viel beweglicher, haben sie mir einen schönen Garten gezeigt, mit vielen anderen Pflanzen und Wasser darin.

Wissen hier alle, was Wasser ist? Ja? Gut. Ist in der Wüste ja nicht selbstverständlich; manchmal musste ich es auch schon erklären. Jedenfalls habe ich mich dann auch zum letzten Mal vereinigt: Mein denkender, vernünftiger Teil war fast schon abgebrannt, da hat sich der mitfühlende, emotionale Teil mit ihm vereinigt. So wurde ich schließlich ein fertiges Wesen - ihr musstet das alleine schaffen, aber ihr hattet ja Hilfe. Ich nicht, so war nichts anderes möglich.

 

Jedenfalls haben unsere Freunde in Licht und Wind es geschafft, ein Öl herzustellen, das gut genug brannte, um mich vor dem Verlöschen zu bewahren.

Ihr könnt euch kaum vorstellen, wie großartig das war! Endlich nicht mehr um das Überleben sorgen zu müssen, sondern sich darum zu kümmern, dass ich ja immer noch einen Auftrag verspürte. Zunächst habe ich mit den anderen, die dabei waren, natürlich alle zusammengerufen, die wir finden konnten, damit sie von dem Öl bekommen konnten und nicht verlöschen mussten.

Und noch eine weitere Erkenntnis wurde uns gegeben: Unsere Freunde - und ihre Freunde - fanden heraus, dass wir von Pflanzen stammen. Ja, nicht einmal das wussten wir damals, wir wussten nichts, meine jungen Freunde, nichts.

Ihr wisst, sobald wir auf dem Pflanzenkörper sitzen, spüren wir ihn und sind dann ganz die Pflanze, aber wenn wir uns lösen, können wir auf jedem Pflanzenkörper oder ganz ohne Körper wir sein. Wir waren damals, als wir zuerst entflammten, nicht mehr als heute die einzelnen ichlosen Gedanken, die wir von Pflanzenkörper zu Pflanzenkörper senden, wenn wir uns unterhalten wollen.

 

Jedenfalls haben wir die Pflanzen wiedergefunden und uns mit ihnen vereinigt - und damit auch das Problem gefunden, das sie bewogen hat, uns zu entflammen: Es war zu feucht geworden, unsere Wurzeln waren in Gefahr geraten. Unsere Freunde in Licht und Wind meinten, dass sie etwas damit zu tun hätten, anscheinend hätten sie in unserer Nachbarschaft zuviel Wasser freigesetzt, warum oder wie auch immer. Es war ja keine böse Absicht, sie ahnten nicht einmal, dass es uns gibt und was wir brauchen oder nicht vertragen können.

Ja, damit hätte die Geschichte zu Ende sein können, das Problem war gelöst, wir waren gerettet und wir konnten sogar längere Zeit existieren, ohne auf eine Pflanze zu müssen, indem wir mit Öl versorgt wurden. Aber unsere Freunde in Licht und Wind waren schon immer Reisende und haben uns angeboten, die Welt kennen zu lernen. Und einige von uns waren dafür.

 

Ich werde dir jetzt erst gar nicht anfangen zu beschreiben, wie groß und vielfältig die Welt ist, das bringt überhaupt nichts.
Nein, nein, ihr könnt euch die Welt nicht vorstellen, egal, was ich euch zuflamme. Aber ihr werdet sie ja bald sehen, wenn ihr wollt.

Nun, wir haben weitere Wesen besucht: Die Wesen des Steinernen Feuers, klein und hart wie bunte Steine, leuchtend und in Bildern und Farben sprechend.
Sie leben im Berg unter Wasser, teilen sich ein gemeinsames Inneres Feuer und sind auch sonst rätselhaft.

Die Wesen des kalten Inneren Feuers, sie sehen unseren Freunden in Licht und Wind ein wenig ähnlich, aber ihr Vorderknubbel ist nicht abgesetzt und sie sind viel breiter und liegen meist flach auf dem Bauch. Ihr inneres Feuer ist fast kalt, aber sehr klar und leuchtend. Sie haben für uns das unsichtbare Wasser des Dschungels, das uns langsam verlöschen macht, beiseite geschoben und uns in ihren Dschungel fliegen lassen. Es ist ein prächtiger Ort, ein wenig düster, aber voller Leben und Pflanzen und Tieren. Von ihnen haben wir später viel über das Durchdringende Feuer gelernt, also über das ruhige, denkende Innere Feuer.

Dann natürlich die Wesen aus Wasser, fröhliche, sehr wandelbare und merkwürdige Wesen. Äußeres Feuer haben ja nur wir, aber äußeres Wasser ist natürlich eigenartig.
Nun, ihr inneres Feuer ist durchaus sprühend, unterschätze sie also nicht!

 

Dann haben wir auch noch weitere Freunde unserer Freunde kennen gelernt, sie nennen sie "Menschen", oder so ähnlich.

Die sehen gleich aus, benehmen sich aber anders. Jedenfalls wurden wir ihnen vorgestellt und sie haben sich gefreut, uns kennen zu lernen, also haben wir ihnen auch einmal etwas schenken wollen - immerhin wurden wir ja ständig beschenkt:

Wir haben unsere Freude, unsere Freundschaft und Dankbarkeit in ein neues ichloses Feuer übertragen und es ihnen geschenkt.
Ich glaube, sie verwenden es heute noch und nennen es ein "Heiliges Feuer", was auch immer das sein mag.

 

Unsere Freunde in Licht und Wind können auch die jenseitigen Winde bereisen, wo sie die erzählenden Lichter treffen und... nun, verstanden haben wir nie, was das ist. Aber es ist ein Bereich, in dem gewissermaßen die einzelnen Flammen des Inneren Feuers als eigene Wesen existieren, oder aber es ist sozusagen das Innerste Feuer, der Grund des Seins aller äußeren Feuer.

Nein, ich verstehe es auch nicht. Aber ich weiß mich damit verbunden.

 

Nun, jedenfalls wollten wir nach den Reisen, wo wir so viel gelernt haben und uns so weit entwickelt haben, nicht einfach wieder einschlafen und womöglich vergehen, denn unsere Pflanzenkörper können ja auch ohne uns leben und sich vermehren. Also haben wir beschlossen, weiterhin wach zu bleiben, daraus sind die Fackelträger hervorgegangen, die unsere Kultur aufrecht erhalten und immer mal wieder nach dem Rechten sehen.

 

Ja, und ich? Ich habe weiter nachgegrübelt und der Verbindung nachgefühlt.

Es gibt neben dem Durchdringenden Feuer auch das Feuer Dazwischen, das Wirkungen erzielt und Dinge verbindet. Aus Durchdringendem Feuer und Feuer Dazwischen wurde mir das Erhellende Feuer entfacht - und ich lernte, meine Verbindung zu spüren und mein äußeres Feuer meinem inneren so weit zu unterwerfen, dass ich heute keinen Brennstoff mehr brauche.

Ihr seht, ich habe kein Bällchen, das in mir verbrennt, ich bestehe nur noch aus Feuer. Daher nennt man mich auch die Erste Leuchtende Flamme, und daher bin ich auch noch immer wach und stets bereit, jungen Flämmchen solche alten Geschichten zu erzählen. Ja? Ja, ich strahle viel Wärme aus, das ist eben meine Natur. Nein, nein, rot-orange ist eine ganz gewöhnliche Farbe, aber warum sollte ich eine ungewöhnliche Farbe haben? Ich bin ja kein Herausgehobener, nur einer, der das Glück hatte, sich zur richtigen Zeit richtig weiter zu entwickeln.

Wo war ich? Ach ja: Jedenfalls sind wir damals auch übereingekommen, dass wir uns jedes Jahr einmal alle treffen wollen und unser Leben regeln, aber auch einfach uns unterhalten.

 

Ach, da kommt ja ein alter Freund, den solltet ihr auch kennen lernen. Die Im Wind Reisende Leuchtende Flamme. Komm, bevor du sie mitnimmst, erzähle ihnen auch deine Geschichte!"

"Du hast sicher alles Wichtige erzählt, es gibt da nicht viel hinzuzufügen - aber ja, ich reise; unsere Freunde in Licht und Wind sind so freundlich, mich mitzunehmen. Nach unserer ersten Reise war ich mit ihnen in den jenseitigen Winden und habe die höheren Winde dort bereist und verschiedene verbindende Lichter gesehen. Das kann man nicht beschreiben, ihr werdet sie ja selbst sehen, wenn es erst mal soweit ist - außer ihr bleibt da, ist nicht meine Sache.

Unsere Freunde in Licht und Wind sind eigenartig, aber man kommt gut mit ihnen zurecht, wenn man mal kapiert hat, dass sie die Welt von den jenseitigen Winden her sehen.
Vielleicht kommen sie selbst ja aus ihnen, das weiß ich nicht, und ich glaube, sie wissen es auch nicht, denn sie sind wie wir ohne große Erinnerungen aufgestiegen. Aus was auch immer.

 

Wie es dort ist? Nun, ohne unsere Freunde können wir nicht in die jenseitigen Winde, aber wenn wir dort sind, sehen und erleben wir so ziemlich alles, aber alles kann man natürlich nicht begreifen oder komplett erfassen, also bekommen wir immer nur einen Teil davon mit. Es sind jedenfalls Winde und Lichter, so viel steht fest, also kommen wir gut damit zurecht. Erhellendes Feuer macht man nicht, man wartet darauf, dass es genug Brennstoff bekommen hat, um sich selbst zu entflammen.

Warum ich blau-weiß bin und weniger heiß? Was interessiert das mich? Vermutlich, wegen meiner Aufenthalte in den jenseitigen Winden.
Wie auch immer - wir sollten los, nicht wahr? Sie beginnen bereits ihren Tanz des Reisens einzuleiten. Beim ersten Mal waren wir ja noch ganz furchtbar erschrocken, weil wir geglaubt haben, sie wären verloschen, aber sie reisen auf diese Art. Noch etwas zu sagen, bevor wir losziehen?"

"Ja. Ein Drittes von uns fehlt noch." - "Ach, die Dunkel Leuchtende Flamme? Müsste eigentlich gleich da sein, kommt ja nie zu spät."

 

"Ich komme, wann ich kommen soll. Ich bin, wohin ich gehöre. Das reicht zu wissen.

Aber wenn es euch so sehr interessiert: Ich bin nie sehr weit gereist, sondern habe mich von Anfang an darauf beschränkt, an mir zu arbeiten. Ich wollte nicht meinesgleichen aufsaugen, habe mich auf andere brennbare Stoffe übertragen und habe mich irgendwie am Leben erhalten - bis unsere Freunde in Licht und Wind bei mir erschienen sind und ich Einblick in die jenseitigen Winde bekommen habe, genug, um aus mir selbst brennen zu können.

Ich bin dunkel, ja. Die Farbe heißt Purpur, sie besteht aus rot und violett, und sie ist so dunkel, weil sie an den jeweiligen Grenzen zum Unsichtbaren leuchtet.
Nein, ich werde das nicht erklären, denn nun öffnen sie gleich ihre Wege. Ihr wollt mit ihnen reisen, und sie werden euch die Welt zeigen, da bin ich nicht vonnöten."

 

"Macht euch nichts daraus, für ihre Verhältnisse war die Dunkel Leuchtende Flamme eben sehr gesprächig und offen. Sie kommt und geht - wie gesagt, wohin eben nötig und wann nötig.

Aber ihr solltet euch nun der Im Wind Reisenden Leuchtenden Flamme anschließen, es wird ein nettes Abenteuer werden.
Und habt Vertrauen: Es wird sicher gut gehen. Ob ihr euch danach auch zu Leuchtenden Flammen entwickeln werdet? Wer weiß, meine jungen Freunde, das liegt nur an euch."


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