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G E R D s

E L E V E N T Y

E R F A H R U N G E N

Das hat mir noch gefehlet …

(für Johannes)

 

Schon zum zweiten Mal habe ich eine Begegnung mit einem Text (aus dem „Wegweiser“), wo mir in wenigen Sätzen Wesentliches zusammengefasst wird, womit ich mich schon längere Zeit beschäftige und dazu viel mehr Worte brauche, um das mich Bewegende zu beschreiben … vielleicht weil ich einfach noch nicht so darauf gekommen bin. Sehr schön sind mir dabei die viel einfacheren Formulierungen … und dies erinnert mich an ein Beispiel aus der Astronomie, aus einer Zeit, wo sie noch mit der Astrologie verheiratet gewesen ist:

Aus der Motivation bessere Vorhersagen treffen zu können, ist ein Interesse an Beobachtung und Wissenschaftlichkeit (um Gesetzmäßigkeiten der Planetenbewegungen besser zu erfassen) erwachsen, etwas, das mir aus der Meteorologie durchaus bekannt vorkommt und nichts mit einer vermuteten „Irrationaliät einer Esotherik“ u. dgl. zu tun haben muss.

Es handelt sich da um den Gedanken - besser: um das Bild -, wonach sich die Planeten in Kreisbahnen um die Sonnen bewegen. Der Kreis als Sinnbild für das Harmonische und Vollkommene, das doch so gut zum „Konzept des Himmels“ mit den Bewegungen seiner Himmels-Körper passt. Nur die Beobachtungen passen zum Bild des Kreises nicht so recht zusammen. Um am schönen Bild festzuhalten hat man dieses mit Epizykeln erweitert: Der Planet bewegt sich wiederum auf einem Kreis um den Punkt, während dieser sich auf dem Kreis um die Sonne bewegt … immer so weiter … was mich an die Fraktale (z.B. Mandelbrotmenge, „Apfelmännchen“) erinnert.

Dasselbe Prinzip immer weiter ins Unendliche angewendet … drachenkompliziert.

Bis einer kam, der sich gewundert hat, dass vor ihm nicht schon selbst wer darauf gekommen ist, weil ihm nämlich die Erkennntis so schön (und einfach) gewesen ist:
Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen um die Sonne, und auf einem der Brennpunkte von der Ellipse befindet sich die Sonne.

Denn auch eine Ellipse ist schön und die Bewegung darauf folgt Gesetzmäßigkeiten, wie eben auf einem Kreis auch. Was hat es in der Vergangenheit dazu gebraucht, um auf diesen Schluss zu kommen !
Wo doch auf diese Weise vieles viel einfacher wird und beruhigend wirkt. Hatten wir unser Interesse an das Schlichte und Einfache verloren ?

Oder wollen wir es im Bilde zu einfach haben und halten an dem-einen Mittelpunkt des Kreises fest, haben Schwierigkeiten mit den zwei - dem Zwilling - der Ellipse ? …
Eindeutigkeit versus Zwei- und Mehrdeutigkeit, beispielsweise in den Konfessionen unserer Religion.

Bei meiner ersten Begegnung (vor rund einem Jahr) mit einem kompakteren und einfacheren Text, der mir Wesentliches ausspricht, ist es mir um die Bilder zur schwebenden Quint in Gelassenheit gegangen.

Jetzt ist es mir sogar zum Titel dieser Ausgabe geworden, denn dies hat mir zu meinem inzwischen schon langjährigen Thema meines (bewegten) Erzählens von Geschichten mit der agilen Entwicklung zur Sichtbarkeit ihrer Aussagen noch gefehlt. Hierzu abermals ein Auszug aus einem Text von Norbert Liszt aus Wien, diesmal (im „Wegweiser“ für Frühling 2022) über schöne Erfahrungen:

Die Kunst erlaubt sich über das sinnlich Wirkliche hinauszugehen. Sie begibt sich in eine Scheinwelt. Friedrich Schiller hätte gesagt, der Künstler spielt mit der Wirklichkeit. Er respektiert sie, anerkennt ihre Gesetze, aber er will sich von ihren Gesetzen nicht einschränken lassen und kreiert einen ästhetischen Schein. Bliebe er bei der bestehenden Wirklichkeit und würde er diese einfach nur nachbilden, wären seine Werke keine Kunst im eigentlichen Sinne.

Soll es einen Fortschritt geben, kann man nicht beim Bestehenden bleiben. Das gilt für alle Lebensbereiche. Alles Tun kann in diesem Sinne zur Kunst werden. Wer Neues entwickeln will, muss sich über die Wirklichkeit hinauswagen, um in sich etwas erscheinen zu lassen, das von geistiger Art ist.

Diesem in ihm auflebenden Ideenhaft-Geistigen kann dann eine physische Form gegeben werden. Damit prägt der Menschengeist dem Stoff eine Idee, ein Geistiges, ein. (Stoff ist hier sehr weit gefasst gemeint - er kann Wort, Klang, Farbe, Stein … sein).

Einerseits erwachsen auf diese Weise Kunstwerke. Dazu habe ich vor rund zwei Jahren freitagsvoll von den Stufen im Spielen
erzählt und bin darin auf das Komponieren gekommen.

Andererseits haben sich mir darin Blick und Wahrnehmung verwandelt, das mir (m)ein Finden eröffnet hat … Mir sind dies dann die „realen Entsprechungen“ zu den Geschichten und Charakteren besuchter Scheinwelten … Zugegeben, (m)ein etwas ungewöhnlicher, aber doch möglicher, Weg: Aus einer Scheinwelt zur Eurythmie (in) der Wirklichkeit zu kommen.

 

Kreativitätstechniken, wie beispielsweise das Beschreiben komplexer (sozialer) Situationen durch Geschichten, oder um zu Eigenschaften für neue Produkte zu kommen, haben das o.a. Vorgehen als Basis.

(ein Beispiel, gerafft:) Um schwierigen Situationen (etwa in Gruppen und im Sozialen) besser zu begegnen, entbindet eine entsprechende Scheinwelt, in welcher die Geschichte spielt, die Beteiligten aus der Gefangenschaft ihres Alltags. Die Geschichte möge nun im Raum der „Freiheit der Scheinwelt“ weitererzählt werden, um zu neuen Einfällen zu kommen und weiter sogar Lösungen agil zu entwickeln. Ist die erweiterte Geschichte soweit für die Beteiligten befriedigend, wäre der nächste Schritt eine Rück-Übersetzung der Eigenschaften und Prozesse in den konkreten Alltag …

Leider haben sich in unserem Verein bislang derartige Weiter-Entwicklungen nicht ergeben. So bleibt mir derzeit nur die Eurythmie als mögliche Anwendungskunst im Sozialen, das mir schon seit meiner Jugendzeit ein Anliegen (gewesen) ist. Ein bereits im Gespräch mit einem meiner Studentenkollegen und auch mit der Frau einer meiner Dozenten angewendetes Beispiel ist die Harmonische Acht in partnerschaftlichen Beziehungen.

Was spricht dagegen, unseren Krisen auf künstlerische Weise zu begegnen ?

 

Was spricht dagegen, zu fragen, was vermag ich (bzw. vermögen wir) zu bewirken - anstatt bloß zu kalkulieren, ob sich Dies oder Jenes „rechnet“ ?

Im Nachgehen dieser Frage bin ich darauf gekommen, dass in (m)einem Handeln mit einer Mission, oder etwas erreichen oder bewirken zu müssen, um jemanden zu gefallen oder zu beeindrucken, eine egoistische Note wohnt. Dieses „Wirken“ folgt zwar (m)einem inneren An-Treiber, aber ist mir bestenfalls suboptimal. Da muss mir alles immer so eine „Streckung mit Richtung“ haben … dies macht mich unfrei … und wie vermag mir etwas zu kommen, wenn ich mich im Dur nur „linear-gerade“ strecke und dem Kommenden im Moll keinen „runden Raum“ gebe ?

Viel besser erscheint mir ein Wirken aus dem Wesen der Wirkenden heraus, etwa wie ich dies schon bei einer inzwischen verstorbenen Dozentin aus unserem Zentrum für Seelenturnende in Wien schon erlebt habe. Abgesehen, dass dann (m)ein Handeln wesentlicher wird, vermag ich darin viel entspannter zu werden …

Wir alle sind unterwegs ... und da greife ich gerne eine Aussage eines australischen Künstlers, über welchen ich hier unlängst berichtet habe, auf:

Ich fange schon lange mit keiner Idee mehr an. Die Idee kommt, während ich arbeite, und es funktioniert. Es ist ganz leicht, aber man braucht ein ganzes Leben, um darauf zu kommen.

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