für
meine Kärntner Freunde in Bewegung
Mal
gleich vorweg: Mir
ist Österreich in der Welt zuwenig
selbstbewusst.
Und
eine Steigerung dieses mangelnden
Selbstbewusstseins ist (mir) hier nicht durch einen
Nationalismus möglich. Denn gerade bei
Österreich wäre dies wegen seiner
Geschichte ein Widerspruch in sich.
In
der Vergangenheit ist das Kaiserreich
Österreich ein Vielvölkerstaat gewesen,
worin die deutsche Sprachfamilie eine Minderheit
gewesen ist. Selbst das größte Volk
darin, die Ungarn, sind im Vergleich zu allen
Einwohnern in der Minderzahl gewesen - selbst in
ihrem Königreich nach dem
Ausgleich. Noch weiter zurück, zur
Zeit seines Entstehens, ist Ostarricci als Reich im
Osten in der Grenzregion zum Magyarenreich ein Teil
von Bayern gewesen. Erst gut 250 Jahre später
wurde die Mark Österreich vom Herzogtum Bayern
abgetrennt und selbst zum Herzogtum
erhoben.
Demnach
und aus so vielen weiteren historischen
Gegebenheiten wäre ein
österreichscher Nationalismus
lediglich ein Deutsch-Nationalismus, worin sich
Österreich als Teil von Deutschland
betrachtet.
Streng genommen handelte es sich hier um
Hochverrat.
Da
waren wir noch wer
!
hat mir vor ein paar Jahren ausgerechnet ein
burgenländischer Kollege etwas zu meiner im
Büro aufgehängten Karte unserer k.u.k.
Monarchie kommentiert.
Nun,
da diese Zeit schon lange vorüber ist, und
sich Österreich (schon alleine wegen der
Globalisierung und globaler Machtblöcke) als
Teil von etwas Größerem sehen darf, oder
vielleicht sogar muss,
bietet sich hierzu Europa an, zumal Europa doch
auch viele Völker umfasst, was ja einem
Österreicher
durchaus bekannt sein dürfte.
Eine
Stimme von vielen - das erfahren wir alle in einer
Demokratie, wie aber auch in Teams im Berufsleben,
in der Familie, in der Kunst, usw.
Über
die Spannung von Individuum und Gemeinschaft habe
ich hier schon berichtet. Hier betone ich jetzt das
Individuum.
Was
ist das Individuelle des
Österreich ? Was könnte es in Europa und
in der Welt sein ? Wodurch unterscheidet sich
Österreich von den anderen ? Wodurch
könnte es sich unterscheiden, z.B. von
Deutschland ?
Das
uns geläufigste Attribut ist die
immerwährende Neutralität, angesichts der
beiden Machtblöcke in der Nachkriegszeit.
Im Zuge dessen ist Wien eine UNO Stadt,
vergleichbar mit Genf der neutralen Schweiz.
Unserer EU Mitgliedschaft hat es jedenfalls nicht
geschadet.
Was
Österreich in den vorigen Jahrhunderten von
anderen großen Reichen weiters unterschieden
hat, ist die Diplomatie - der Friede aus dem Wiener
Kongress hat länger gehalten als jener aus den
Pariser Vororteverträgen - und die
Heiratspolitik der Habsburger. Andere mögen
Krieg führen, du glückliches
Österreich heirate, hat es mal geheißen.
Ein Ableger aus dieser damaligen
Beziehungskunst
in Glanz und
Gloria
ist immerhin die Entstehung Brasiliens.
Worin
sich Österreich in Europa von anderen nun
heute
unterscheiden könnte, wäre seine Position
in den heutigen Kriegen, zum Beispiel Russland und
Ukraine, sowie Israel und Palästina.
Dabei könnte es sogar auf seine schon
bestehenden Traditionen der Neutralität und
der Diplomatie zurückgreifen
und
hätte damit eine solide Basis sich stets neu
zu erfinden und dadurch in der Welt
mitzureden.
Denn
bereits im vorigen Jahrhundert hätte
Österreich durch seine Möglichkeiten an
der Entstehung eines gemeinsamen Staates der
Hebrärer und Palästinensern mitwirken
können. Da hätte ein Belgien
des Nahen Ostens
entstehen können - gleich wie eben Brasilien,
wenn auch aus einem anderen Kontext, als Gesamtes
erwachsen ist. Ob in diesem Jahrhundert eine
vorläufige Zwei-Staaten-Lösung in Frieden
den Weg dazu ebnet, wäre für die
österreichische Außenpolitik im Kontext
der EU und seiner Neutralität
bedenkenswert.
Was
nun den aktuellen Krieg
in Europa
angeht, kann mein Heimatland aus seiner eigenen
Geschichte mit Anregungen aufwarten:
Zum
einen die schon erwähnte Neutralität,
denn auch Teile Österreichs sind von den
Sowjets (bzw. den Russen) besetzt
gewesen.
Zum
anderen Kärnten - mein Geburtsland - nach dem
ersten Weltkrieg:
Nachdem
Kärnten durch seine Verfassung von 1918 den
Beitritt zur Republik Deutschösterreich
erklärt hatte, drangen am 5. November 1918
Truppen des Staates der Serben, Kroaten und
Slowenen (SHS-Staat) in die südöstlichen
Landesteile ein. Dieser neu entstandene Staat
(später: Jugoslawien) hatte
Gebietsansprüche, auf Grund der im ehemaligen
Kronland Kärnten lebenden Slowenen, gestellt.
In weiter Folge ist es dann zum Kärntner
Abwehrkampf
gekommen. So etwas klingt doch recht bekannt, oder
?
Zum
Frieden hat dann u.a. eine Volksabstimmung
in Unterkärnten geführt, worin die dort
(mehrheitlich Slowenen) Lebenden abgestimmt haben,
ob sie bei Österreich bleiben, oder sich dem
SHS Staat anschließen wollen.
Kärnten
frei und ungeteilt
!
hat es damals geheißen. Will dies Europa
nicht auch für die Ukraine ? Aber auch in
Kärnten ist dies nicht ohne Kompromisse
abgelaufen.
Die
Volksabstimmung ist für den Verbleib an
Österreich ausgegangen. Der Tag der Abstimmung
ist heute der Kärntner
Landesfeiertag.
Dennoch
hat Kärnten zwei Täler durch den ersten
Weltkrieg verloren, zum einen das Kanaltal an
Italien, und zum anderen das Mießtal an den
SHS Staat (worüber nicht abgestimmt worden
ist).
Fazit:
Österreichs Neutralität, die
erwähnte Volksabstimmung und ein kleiner
Gebietsverlust haben Kärnten letztendlich den
Frieden gebracht und jahrelangen Krieg erspart.
Warum dies nicht auch anderswo in Europa
?
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