Im
Zuge ihrer traditionellen Weltumrundungen
erreichten die Hydronen immer wieder Wüsten.
Es bereitet ihnen große Freude
außerhalb des üblichen Jahreszyklus
Regen in die Wüste zu bringen und das daraus
folgende Erwachen des Lebens in diesen wie tot
wirkenden Regionen zu beobachten. Bei einem dieser
Zwischenstops treffen sie auf eine Erscheinung, die
ihnen bisher nicht begegnet war. Ein sonderbares
blinkendes Luftflimmern. An sich sind
Licht-Erscheinungen für die Hydronen nichts
derart Neues - sowohl aus der Tiefsee, in der
manche Tiere die farbenprächtigsten
Lichteffekte bewirken, wie auch aus ihren
Begegnungen mit den Bergfeen hatten sie gelernt,
dass Licht nicht nur gebrochen und gespiegelt,
sondern von bestimmten Lebewesen auch selbst
produziert werden kann - und der Umstand, dass es
sich um die traditionelle Reise des
Volkes
der Hydronen
handelt, hat zur Folge, dass sich keine Forscher
unter den Reisenden befinden. So wären die
Hydronen beinahe an dieser Erscheinung
vorbeigeflogen.
Die
fürwitzigsten unter den Hydronen, die zum
ersten mal dabei sind, lassen jedoch keine
Gelegenheit zu spielen aus. Sie versuchen mit
einzelnen Tropfen dieses Flimmern zu treffen und
wirbeln darum herum. Sie bilden dicke, dichtere
Wolken, um zu sehen ob es sich nur um eine
Spiegelung von Sonnenlicht handelt, doch das
Flimmern leuchtet trotz der Schatten unvermindert
weiter. Nun wollen sie es genauer wissen und
versuchen, dieses sich mit ihnen mitbewegende
Flimmern einzufangen, indem sie Wasserblasen darum
bilden. Das tun sie auch, um Licht zu brechen. Das
einzige jedoch, was dies zur Folge hat, ist ein
ungewöhnliches Summen. Erst halten die
Hydronen das nur für eine Begleiterscheinung
des Flimmerns, dann finden sie aber doch heraus,
dass sie es nicht mit einfachem Licht, sondern mit
lebenden Wesen zu tun haben. Die Hydronen stimmen
daher ihrerseits ein Lied an. Es ist keines ihrer
traditionellen Lieder. Sie fallen in den Rhythmus
des Summens ein und lassen einen neuen in Harmonie
dazu stehenden Gesang erklingen.
Im
Zuge dessen werden andere Hydronen auf das
Geschehen aufmerksam. Unter ihnen befinden sich
auch Forscher, die, in der näheren Umgebung
tätig, auf den reisenden Schwarm aufmerksam
geworden sind und sich kurz mit ihm in Verbindung
gesetzt haben. Diese fangen nun an, sich für
die Entdeckung der Junghydronen zu interessieren.
Sie mischen sich als Nebel unter diese und
vermessen die neu entdeckten Lebewesen. Nach einer
gewissen Zeit entfernen sich die flimmernden Wesen
auf einen Berg zu. Die Gruppe der Forscher folgt
ihnen, während die Junghydronen sich wieder
ihrem Schwarm anschließen und die Reise
fortsetzen.
*
Die
Forscher beobachten nun die neu entdeckten Wesen,
die eine Weile gar nichts tun. Das finden sie aber
nicht außergewöhnlich, ist ihnen
Ähnliches doch von den Kröten
bekannt. Nach dieser Phase, von der den Hydronen
nicht ganz klar ist, ob sie der Sammlung oder der
Kommunikation
dient, beginnen die Flimmerwesen um den Berg zu
tanzen, was die Forscher, wie zu erwarten, genau
studieren. Bei der langfristigen Erforschung wird
den Hydronen klar, dass diese Tänze in
regelmäßigen Abständen erfolgen.
Sie schließen daraus, dass es sich um eine
Art Fest handeln dürfe.
Nach
einem längeren Beobachtungszeitraum
beschließen die Forscher, sich bemerkbar zu
machen. Um dabei nicht zu stören wählen
sie ein Fest zu Vollmond und bilden einen
kreisrunden Regenbogen um das Mondlicht. Im Laufe
ihrer Studien wiederholen sie dies einige male und
nach und nach bemerken sie, dass ein paar
Flimmerwesen ihnen ein Stück folgen, wenn die
Hydronen den Festberg verlassen.
Die
Strecke dieser Begleitung, die die Hydronen erst
für willkürlich halten stellt sich nach
eingehender Untersuchung als natürlich
begrenzt heraus. Sie endet stets, sobald sie die
Wasseroberfläche erreichen.
Da
sich für die Hydronen inzwischen
herausgestellt hatte, dass auch ihr Gegenüber
einem Forscherdrang folgt, erörtern sie eine
Möglichkeit, die Wüstenvölker mit
über das Wasser zu nehmen, und zwar indem sie
sich zu besonders dichten Wolken
zusammendrängen, sodass sie darauf etwas oder
jemanden tragen können.
Ein
paar wenden zwar ein, dass es absurd sei, zu
denken, jemand, der sich nicht aufs Wasser wagt,
wäre bereit, sich von Wolken - die ja auch
nichts anderes als Wasser sind - tragen zu lassen,
aber sie versuchen es dann trotzdem.
Und
tatsächlich, einige wenige Wüstenwanderer
wagen sich auf die Wolken-Fähre und im Laufe
der verschiedensten Feste, denen die Hydronen
beiwohnen, werden es immer mehr, die das Wagnis des
Getragen-Werdens auf sich nehmen.
Im
Zuge dieser Entwicklungen bemerken die Hydronen
auch, dass die Flimmernden nach und nach anfangen,
sich zu verdichten, und dass manche sogar schon
beginnen, kleine Seen selbst zu überqueren. Es
ist eine ungeheuerliche Erfahrung für sie, die
Weiterentwicklung
der
Wüstenvölker
so direkt miterleben zu können, denn beinah
alle Lebewesen, die sie bisher erforscht hatten,
waren bis auf kleine Veränderungen so
geblieben, wie sie beim Erstkontakt erlebt wurden.
Gut,
sie hatten das Vorläufervolk der Bergfeen und
später die Bergfeen
erforscht, doch da hatten sie erst im nachhinein
die Entwicklung der einen zu den anderen begriffen,
bei den Wüstenvölkern jedoch haben sie
deren Evolution selbst miterlebt.
Und
dabei bleibt es nicht.
Sie
beobachten im weiteren Verlauf auch die Entwicklung
von Völkergruppen.
Nicht so wie bei den Hydronen selbst, bei denen
sich je nach Fähigkeit Gruppen herausbilden.
Die Wüstenvölker nehmen zusätzlich
zu ihren unterschiedlichen Tätigkeiten auch
verschiedenen Körperformen in
unterschiedlicher Dichte an und behalten diese.
*
In
der weiteren Beobachtung der Wüstenvölker
und beim sporadischen Kontakt erfolgt Kommunikation
nur durch gemeinsames Tun.
Bei
ihrem gemeinsamen Reisen und Handeln erübrigt
sich ein verbaler Austausch, denn
Lebensfreude braucht keine Worte.
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