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Peter Glaser, soweit mir (Johannes) bekannt
ist.
Peter
Glaser ist Schriftsteller und hat der Welt das
seither recht beliebte Wort "Sofortness" geschenkt,
mit dessen deutsch-englischer Formung er es
vollbrachte, ein Lebensgefühl in ultimativer
Kürze zu beschreiben.
Denn
ganz genau das ist sie - ein Lebensgefühl. Das
Gefühl, das auf einen Reiz eine Reaktion zu
erfolgen habe, und zwar sofort. Jetzt. Nicht in
einem Augenblick, sondern so jetzt wie nur irgend
möglich. Im Internet geht das ja auch so
halbwegs, zumindest in manchen Bereichen wie Chats.
Leider beginnen wir, süchtig danach zu
werden.
Wir
schalten den Computer ein und beschweren uns nach
einer Minute, dass die Maschine viel zu langsam
ist. Eine Minute - das ist gar nichts. Ein Glas
Wasser holen und trinken dauert deutlich
länger. Aber da die Reaktion nicht unmittelbar
erfolgt ist, gilt sie nicht als sofort genug.
Dementsprechend beginnen wir als Gesellschaft, auf
alles zu reagieren. Wir wollen etwas wissen? Wir
gehen mit dem Smartphone ins Internet, dann wissen
wir es sofort. Vermutlich mit einem Haufen Fehl-
oder Halbinformation belastet, ohne
Hintergrundwissen oder Ahnung. Aber wir wissen
alles, was wir brauchen, denn wir wollen es ja
sofort verwenden. Und dann sofort wieder
vergessen.
Wir
sehen jedoch nur die helle Seite der Sache. Die
dunkle Seite ist, dass alles, was wir sofort haben
wollen, von uns auch sofort bereitgestellt werden
muss.
Mit anderen Worten: Wenn wir eine Bestellung sofort
haben wollen, müssen wir sie auch sofort
liefern oder herstellen. Damit entsteht ein
eigenartiger Kreislauf: Wir werden, als
Gesellschaft, immer ungeduldiger und halten den
erhöhten Zeitdruck nicht mehr aus - begreifen
aber nicht, dass unsere Unfähigkeit zu warten
diesen Druck auslöst. Wie heißt es so
schön? Kapitalismus ist die Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen. Im Kommunismus ist es
umgekehrt.
Der
Punkt ist also, dass wir zwar alles sofort wollen,
aber - notwendigerweise - es nicht ertragen, alles
sofort machen zu müssen. Gab es nicht in
letzter Zeit einen riesigen Haufen an Werken zum
Thema Wiederentdeckung der Langsamkeit? Das ist in
unserer schnelllebigen Zeit natürlich schon
längst wieder vergessen worden, denke
ich.
Natürlich
ist es angenehm, etwas sofort zu bekommen. Die
Fähigkeit, die andere Seite zu sehen, nehmen
wir uns ja mit immer größerer
Konsequenz: Ich sehe niemanden, der Websites im
Internet herstellt und wartet, damit ich immerzu
darauf zugreifen kann. Wenn ich etwas im Internet
bestelle, sehe ich niemals jemanden, der mir etwas
schickt. Ich kann leicht Druck ausüben, denn
ich sehe ja nicht, dass es kein "worauf", sondern
ein "auf wen" als Objekt benötigt. Zum
Glück kann ich mich über den Druck auf
mich selbst aufregen, da habe ich eine
Möglichkeit, mich zu beruhigen.
Nun,
wir wollen die Welt doch auch besser machen, das
ist ein großes gemeinsames Merkmal all jener
Gruppen, Grüppchen und
Interessensgemeinschaften, deren liebstes Hobby es
nach wie vor ist, sich darüber zu streiten,
was eigentlich besser ist - und ob nicht das, was
die andere Gruppe für das Beste hält, in
Wirklichkeit das Schlimmste ist, was sich denken
lässt, sodass die Vereinigung im Streit
gegeneinander die einzige ist, die wir haben. Also,
beginnen wir, den Druck rauszunehmen und die Welt
besser zu machen. Aber sofort!
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