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G E R D ' s

E L E V E N T Y

E R G R E I F E N . 1 1 / 1 2

Korruptionskompetenzen

Johannes Wort dieser Ausgabe

© Mikl-Leitner, Bundesministerium für Inneres, laut Zitat Heute-Zeitung.

 

Bekanntermaßen ist die deutsche Sprache nicht sehr einfach zu sprechen. Es gibt sehr viele Worte, sehr komplizierte Regeln und noch viel mehr Ausnahmen dazu, und wenn einem das noch nicht genug ist, so kann man sich ja selbst noch das eine oder andere Wort erfinden, indem einfach existierende Worte zusammengehängt werden. Allerdings wäre es wirklich günstig, dabei genau darauf zu achten, was das Wort dann aussagt ...

Im konkreten Fall geht es darum, dass die Justizbeamten wie Richter und Staatsanwälte zu Seminaren geschickt wurden, damit sie lernen, besser und schneller mit den vielfältigen Erscheinungen von Korruption fertig zu werden, oder, um ein besonders unnötiges und gemeingefährliches Schlagwort zu verwenden: Sie sollten sich Kompetenzen aneignen. („Kompetenzen haben“ ist heutzutage das Synonym für „können“.) Leider hätte sich die Ministerin wohl erst mal Sprachkompetenzen aneignen sollen, denn - genau wie bei dem analogen Wort Sprachkompetenz - würde die von ihr verwendete Kombination bedeuten, dass Richter etc. ab jetzt besonders kompetent korrupt wären. (Was sie meinte, wäre mit dem Wortungetüm Korruptionsbekämpfungskompetenzen zu beschreiben.)

Allerdings wirkt das doch sinnlos, Kurse zu geben für Korruptionskompetenz. In der letzten Zeit hat man verstärkt den Eindruck, dass die entsprechenden Befähigungen bei weitem zu sehr verbreitet und zu groß sind. Eine Korruptionsvermeidungs- oder -verweigerungskompetenz wäre hier gut, aber dieses Wort scheint wohl eher ein abstraktes Konzept zu bleiben, das keinerlei Realität beschreibt - vergleichbar dem Wort Weltfrieden.

 

Andererseits ist wohl eher Korruptionsbereitschaft weit verbreitet. In den mit Unschuldsvermutungen überschwemmten Nachrichten bekommen wir armen Leser derzeit den Eindruck, dass alle korrupt seien, sobald sie von egal wem gewählt wurden oder deutlich mehr als der Durchschnitt verdienen. Was natürlich fatal ist, aber auf eine erstaunliche Schwäche aufmerksam macht: Offensichtlich sind all diese Leute inkompetent korrupt, denn die kompetent Korrupten dürfte man ja gar nie schnappen. Vermutlich passiert das auch nicht, dafür gibt es ja das schöne Wort „Dunkelziffer“. In diesem Fall wäre eher der Begriff „Verdunkelungszahlen“ angebracht.

Korruption ist natürlich ein großes Problem, denn sie ist der Grundlage des Rechtsstaates diametral entgegengesetzt. Das allgemeine Ergebnis ist ja, dass jemand etwas bekommt, was ihm selbst nach Meinung des Staates, so absurd oder falsch die Gesetzeslage auch sein mag, nicht zusteht - oder umgekehrt. Kurz: Korruption ist der freie Handel mit dem Recht anderer Leute. Wenn man dies bedenkt, fragt man sich doch, wieso sie so weit verbreitet ist. Nun, einerseits dürfte mitspielen, dass die unmittelbar beteiligten zueinander fair sind und nur anonyme, nicht anwesende Dritte geschädigt werden - mithin Leute, deren Existenz man nur abstrakt annimmt. Außerdem geht es ja nur „gegen den Staat“, der hat ja genug...

Erstens: Nein, hat er nicht. Zweitens: An dieser Stelle muss gesagt werden, dass viele, viele Leute versuchen, möglichst viel vom Staat zu bekommen und ihm möglichst wenig zu geben. Damit ist die kleine, fast unmerkliche Grundlage von Korruption schon angelegt. Zum Glück haben die Wenigsten Zeit, andauernd auf die Jagd zu gehen, um dort ihre einschlägigen Kompetenzen zu vergrößern. Ach, wo bleibt die Korruptionsaufklärungskompetenz ? Vermutlich wird auf genau die Jagd gemacht ...

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