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G E R D ' s

E L E V E N T Y

S O M M E R B L Ü T E N D R I N

Realitätsverschiebungen

Im Leserkreis unserer Vereinigung haben wir wieder drei Exkursionen zu Aufführungen angeboten, welche aus unserem Kreis der Mitglieder jedoch nur von mir besucht worden sind. Bei einer Aufführung habe ich sogar selbst mitgewirkt.

Auf jeden Fall interessant ist dabei die Generalprobe eines neu erarbeiteten Stückes des Kollektiv „Vonnunan“ für movopoetische Kunst *) gewesen. Zunächst hat es den Anschein, dass es um die Problematik von Computerspielen und daraus folgenden Vernachlässigung des „realen Lebens“ von Teenagern geht, doch bieten sich mir aus dem Nachwirken-Lassen des Stückes „shifting reality viel mehr bedenkenswerte Aspekte.

 

Zum einen ist der Computer mit dem Netz einfach nur ein Werkzeug, aus welchem durch seine vielseitige Anwendbarkeit freilich Versuchungen hervorgehen können, da hiermit auch die Interaktion in Spielen möglich geworden ist … Vor rund dreißig Jahren habe ich selbst rundenorientierte Spiele programmiert, zunächst in universitärer Umgebung auf der Großanlage - das Planetenspiel, durch welches ich in Kontakt mit anderen Studenten des Albert-Schweitzer-Hauses (evang. Studentenheim) gekommen bin - und dann das Städtespiel auf dem Atari (ein Home-Computer als Vorläufer des PC).

Aber in derartigen Spielen wohnen - eigentlich egal, ob mit oder ohne Computer - Versuchungen, wie sie aus allen Scheinwelten hervorgehen können. Realitätsverschiebungen mit „Parallelwelten“ sind schon im vorigen Jahrhundert durch faszinierende Kinofilme und Fernsehserien möglich gewesen, die bekanntesten: StarTrek und StarWars mit eigenen Büchern der Mitgliedswelten, einem Wörterbuch in Klingonisch und Jedi-Schulen in Rumänien, usw. Gewisse Versuchungen ergeben sich selbst in unserer Vereinigung durch unsere Völker der „Cinque Terre“ … auch wenn wir sie selbst entwickelt haben und den Computer nur als Schreibmaschine zu Dokumentationszwecken für unsere Homepage und für unsere Fortsetzungsgeschichten in unserem Organ benutzt haben.

Zum anderen sind immer schon Scheinwelten entwickelt worden, einige Figuren des geprobten Stückes finden sich in Mittelerde (Herr der Ringe) oder in Jeanne Rulands Buch der Naturgeister „Feen, Elfen, Gnome“. Ich meine, dass hier weniger die Computerspiele, als vielmehr unser Verhältnis zu den Scheinwelten selbst das Wesentliche ist - egal, wie sie vermittelt werden. Da gilt es Bewusstsein zu entwickeln: In welcher Welt befinde ich mich gerade befinde - und gibt es einen Bezug zur sogenannten „realen Welt“ ? In diesem Zusammenhang erlaube ich mir zu erwähnen, dass sich mir im Berufsleben vor fünf Jahren die Anschauungen der „sogenannten realen Welt“ als Illusion entpuppt haben, und ich mehr „Realität“ und Wahrheitsgehalt in der Scheinwelt unserer Fünf Völker entdeckt habe. Hier haben sich mir Traum und Wirklichkeit umgedreht …

 

So führt mich dieses Stück in meiner Reise zur Frage nach der Bedeutung von Wahrgeschichten in und durch Scheinwelten. Viele (junge) Menschen haben geradezu einen seelischen Hunger nach Wahrgeschichten. Im spielerischen und bewussten Umgang mit Scheinwelten und in der Interaktion darin vermögen sogar Impulse für ein kreativeres Umgehen und Gestalten der „realen Welt“ gewonnen werden. Ein mir bekannter Waldorflehrer vermittelt Jugendlichen sogar die Eurythmie durch die in der Scheinwelt von StarWars erwähnte „Macht“ (Force). Im fünften Kinofilm klärt der Jedi-Meister seinen Schüler Luke Skywaker über die Macht auf, die gewissermaßen Berge versetzen kann … Durch Wahrgeschichten aus Scheinwelten zur Eurythmie kommen - eine Möglichkeit, welche auch mir durchaus vertraut ist.

 

Schließlich sind mir auch die Bilder über die „reale Welt“ sehr relativ, wie etwa aus den Berichterstattungen hervorgeht.
Erinnert jene Stelle im Stück „shift
ing reality“, worin die zwei Freundinnen im Spiel ihre Avatare in der Scheinwelt kämpfen lassen, nicht an die Stellvertreterkriege von USA und Russland in Syrien ?
Wer weiß, ob die Kriegsführung - etwa mit Drohen - nicht genauso erfolgt, wie die zwei Freundinnen da gespielt haben ? Ob dazu vielleicht die Interaktionen in Computerspielen sogar die Vorlagen abgeben, ohne dass die Spielenden davon wissen ?

Die sogenannten Scheinwelten sind realer als wir glauben - und so manche Computerspiele sind es auch.


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*) Der Begriff movopoetische Kunst ist aus dem Zusammenschluss der Kompanie Vonnunan entstanden.

Movere (Latein); Verb: bewegen, erregen, veranlassen, anregen.

Poetisch (Latein poeticus); Adjektive: dichterisch, zum Hervorbringen. Gefühlig, lyrisch, stimmungsvoll, beseelt. Die Bezeichnung „poetisch“ wird allgemein eingesetzt für etwas, dass sich der rein informativen Sprache entzieht. Es beschreibt etwas, von dem eine über sich hinausgehende Wirkung ausgeht, etwas Stilles, ähnlich wie von einem Gedicht, das eine sich der Alltagssprache entziehende Wirkung entfaltet.

Movopoetische Kunst: Poetische Bewegungskunst

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