von
Johannes als Wort der Ausgabe
©
unbekannt
Nein,
bei einem Ignoranzgipfel handelt es sich nicht um
eine Zusammenkunft von [hier unbeliebte
ideologische Gruppe einfügen], sondern um
einen geistigen Ort, an dem wir alle uns nur allzu
oft aufhalten.
Ich (Johannes) selbst habe dieses Wort durch einen
interessanten Beitrag in der Zeitung
Perspective Daily, übrigens vom
Konzept her sehr empfehlenswert,
erlernt.
Was
also ist dieser Ignoranzgipfel ? Es
bezeichnet die maximale
Selbstüberschätzung.
Das funktioniert so: Wenn wir gar nichts von einer
Sache wissen, dann wissen wir, dass wir gar nichts
wissen und sind also in dieser Sache sehr unsicher.
Dann
lernen wir etwas dazu, sagen wir, nun wissen wir
zehn Dinge in dieser Sache. Unser Selbstbewusstsein
steigt sehr stark an, und dann lernen wir noch
weiter und können schließlich zwanzig
Dinge.
Jetzt erreichen wir den Gipfel: Wir lernen dazu und
wissen nun dreißig Dinge. Aber wir glauben,
ebenso wie zu Beginn des Lernprozesses, dass es
ungefähr vierzig Dinge zu wissen
gibt.
Typische
Anzeichen für diesen Zustand sind begeisterte
Erzählungen zu Hause, wie sie bei Neulingen in
diversen Sportarten üblich sind, oder
großartige Erklärungen, wie die Welt so
aussieht, weil man das ja jetzt weiß,
immerhin hat man die erste
Einführungsvorlesung an der Universität
inskribiert.
Es
ist nicht leicht, von diesem Gipfel
herunterzukommen. Warum nicht?
Nun,
erstens fühlen wir uns darauf gut,
überlegen und wissend. Das ist schön und
entbehrt nicht einer gewissen Erfreulichkeit; eine
von uns vollständig durchschaute Welt ist
etwas Wunderbares, also bilden wir uns nur allzu
gerne ein, in einer solchen zu leben. Wie
üblich arbeitet hier unser emotionales
Bedürfnissystem dafür, sich gut zu
fühlen und somit auch gegen
Welterkenntnis.
Angenommen,
wir sind neugierig und lernen weiter. Vierzig
Dinge, fünfzig Dinge... Dabei sinkt unser
Selbstvertrauen oder die gefühlte Kompetenz
merklich ab. Warum, wenn wir doch dazu lernen ?
Ganz einfach: Spätestens, wenn wir mehr Dinge
gelernt haben, als wir ursprünglich für
maximal vorhanden hielten, merken wir, dass das
Gebiet wohl doch größer ist als
zunächst gedacht.
Wir
lernen also immer weiter und merken
schließlich, bei etwa dreihundert gelernten
Dingen, dass das Gebiet doch nicht nur ein paar
hundert Dinge, die es zu wissen gibt, umfasst,
sondern ein paar tausend.
Anders gesagt: Unser Überblick über das
Gebiet wächst enorm, wohingegen unser Wissen
nur langsam wächst. Und schließlich
überschreitet unser tatsächliches Wissen
in diesem Gebiet unser gefühltes Wissen.
Ab diesem Moment werden wir tatsächliche
Experten.
Und
nun kommt die traurige Wahrheit: Gefühlt
wissen wir nun, obwohl wir etwa eintausend Dinge
wissen, kaum mehr, als wir zu Beginn wussten.
Eintausend Dinge sind in einem Wissensgebiet, das
zehntausend Dinge umfasst, gerade mal ein Zehntel.
Dreißig Dinge in einem Gebiet, das vierzig
Dinge umfasst, sind drei Viertel, also sehr viel
mehr; wir fühlen uns also wieder unwissend,
obwohl wir über dreißig Mal so viel
wissen wie zu dem Zeitpunkt, als wir uns für
absolute Experten hielten.
Das
ist der Grund, warum wir alle
a)
uns gerade dann für Experten halten, wenn wir
fast nichts wissen,
b)
uns besonders dann sehr sicher sind, wenn wir nur
sehr wenig Ahnung haben und
c)
angehalten sind, auch und gerade dann weiter zu
lernen, wenn wir sicher sind, schon fast alles
gelernt zu haben.
Wie
Dunning und Kruger herausgefunden haben: Um die
eigene Inkompetenz in einem Gebiet festzustellen,
ist eine gewisse Kompetenz in diesem Gebiet
unerlässlich.
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