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meine (Johannes) Mutter.
Die
Vorgeschichte dieses leicht verständlichen
Wortes ist die, dass einige meiner Familie zwei
Bälle hintereinander besuchten und am
nächsten Tag entsprechende Müdigkeit
zeigten, was meine Mutter so wunderschön als
"balltot" charakterisierte.
Ich
persönlich schätze diesen Begriff sehr,
denn er beschreibt den Zustand großartig.
Tot ist natürlich ein wenig übertrieben
formuliert, aber viele Begriffe, die Zustände
nach Feierlichkeiten beschreiben - wie etwa
"Alkoholleiche" - sind ein klein wenig
übertrieben. Übertreibung macht
anschaulich.
Führen
wir diesen möglichen Gedankengang doch einmal
kurz weiter. Es ermöglicht uns,
Erschöpfung gut zu charakterisieren -
theoretisch wären Bezeichnungen wie
"arbeitstot", "stresstot" oder gar "zuhörtot"
möglich. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass
sich alle die entsprechenden Zustände
zumindest vorstellen können, falls sie diese
nicht schon mehr als einmal erlebt haben.
Theoretisch
könnte das Wort - gleich ausgesprochen, aber
anders geschrieben, um die Sache spannender zu
machen - als "Balltod" verstehen.
Soweit ich weiß, ist dieser Mensch
Baumeister
Aber es gibt auch andere Leute,
die, zu einem Ball eingeladen, diesen unweigerlich
umbringen.
Entweder, indem sie lustig zu sein glauben - oder
indem sie es so demonstrativ nicht sind, dass sie
anderen auch noch den Spaß rauben
können.
Für
das extremste Beispiel eines Balltodes sei auf
Edgar Allan Poe verwiesen - Der rote Tod. Hier
kommt, ganz nach dem alten Motiv des
überzähligen Gastes, noch jemand auf
einen Ball, der eigentlich nicht eingeladen war. In
diesem Fall ist es der rote Tod, eine bestimmte
Krankheit, die sehr rasch tötet und deren
Personifikation den Ball derer besucht, die
geglaubt haben, ihm entronnen zu sein.
Aber
halten wir uns nicht weiter mit solch wenig
erfreulichen Vorstellungen auf. Immerhin gibt es
noch viele Bälle, und bis jetzt ist das
Auftreten einer personifizierten Krankheit noch
nicht berichtet worden. Natürlich wurden
Gäste berichtet, die ihrer Meinung nach
personifiziertes Kranksein darstellen, aber allein
die Tatsache, dass sie einen Ball besuchen
können, beweist doch, dass es nicht ganz so
schlimm ist. (Anbei ein Tipp: Schenken Sie niemals,
wirklich niemals, einem Hypochonder ein
medizinisches Lexikon
)
Aber
zurück zum balltoten Zustand. Tatsächlich
gibt es auch einen angenehmen
Müdigkeitszustand, sozusagen ein gerne
akzeptierter Preis dafür, dass vorher etwas
Schönes erlebt wurde. In unserer Gesellschaft
- oder eher: in der Gesellschaft, von der unsere
Gesellschaft glaubt, dass unsere Gesellschaft will,
dass unsere Gesellschaft so sein möge (und ja:
Gesellschaft ist immer schizophren) - wird oft
genug übersehen, wie angenehm die Entspannung
hinterher sein kann. Wie viele Produkte gibt es
nicht schon, die über Müdigkeit oder
eigentlich deren Anzeichen hinwegtäuschen
soll. Dabei ist Müdigkeit ein Anzeichen
dafür, dass wir uns erholen sollten. Und auch
mal entspannen dürfen.
Was
natürlich der Grund ist, warum Bälle am
besten an Abenden vor freien Tagen aufgehoben
sind.
Und
jetzt genug davon. Ich persönlich bin
nämlich in einem anderen Sinne "balltot": Ich
bin für derartige gesellschaftliche Ereignisse
genauso gestorben wie sie für mich. Allen
anderen: Viel Spaß damit!
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