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G E R D ' s

E L E V E N T Y

T A Ì . 1 2 / 13

Die Erde im Himmel

Die aus dem „Berglicht“ (oder im zwölften Teil meines Zyklus von den Tänzen der Philianer) angeführte Errungenschaft des Schwebens als Voraussetzung für das Fliegen führt natürlich nicht nur in die realen Bezüge der frühen Luftfahrt, oder in die Gefahren eines falsch und oberflächlich verstandenen „Fliegens“, sondern noch weiter in die Voraussetzungen, sich in der unerträglichen Leichtigkeit des Seins zurecht zu finden und mit den Winden zu spielen.

Weil das Schweben mit der Schwerkraft tanzt und sie nicht ausblendet, muss sich der (werdende) Tanzende mit der Erde, der Schwerkraft und mit dem Stoffe, wie auch mit dem Himmel, die Faszination und mit dem Lichte beschäftigen. In der Kunst sind Stoff und Licht zwei Pole, oft als schwarze Erde oder als Yin und als weißer Himmel oder als Yang dargestellt. Beides ergänzt sich und schließt sich einander nicht aus. Da will ich jetzt gar nicht behaupten, dass das Eine ohne dem Anderen nicht existieren kann. Das ist für mich nicht wesentlich. Viel mehr interessiert mich der beiden Zusammenspiel und deren Einander, der beiden Beziehungs-Kunst und Tanz. Die religiöse Weltliteratur ist voll von diesen Themen, wenn sie auch unterschiedlich formuliert und betrachtet werden.

Im bekannten Yin/Yang-Symbol aus dem Buch der Wandlungen kann man den schwarzen Punkt im Weiß als die „Erde im Himmel“, und den weißen Punkt im Schwarz als den „Himmel auf Erden“ betrachten. Zweiteres möge Christen durchaus nachvollziehbar sein, aber was sei die „Erde im Himmel“ ? Das ist auch für mich neu (gewesen) und setzt meine Befassung mit der Erde, mit der Leiblichkeit und mit dem Bodenkontakt voraus. Da muss ich die Eigenschaften der Erde kennen (lernen), jedoch ohne sie alleine im Stofflichen zu verorten. Die Erde zu verstehen und sie dazu noch vom uniform-stofflichen Verständnis zu befreien ... Das ist, glaubt mir, heutzutage das Schwerste ...

 

Und doch frage ich mich, warum ich mich bei Bossanova oder in einer Musik der Freiheit, dem Jazz, so wohl fühle, und wie das Folgende denn möglich wird, ohne sich im Chaos zu verlieren ?

„Bossanova, das ist die Musik, mit der man sich von der irdischen Schwere befreit und so ungefähr so zwanzig Centimeter über dem Boden daher schwebt ... Alles wird ganz leicht, und der Beat, der Takt, der Ton zum Takt halt, der wird eigentlich gar nicht mehr gespielt; sondern er wird umspielt, um zu zeigen: Naja, wir wissen doch wo die EINS ist, also brauchen wir doch gar nicht lange darüber reden. Machen wir uns doch frei von den Dingen, die immer so wie eine Klette, wie etwas Erschwerendes oder wie eine Gefangenenkugel an unserem Knöchel, an unseren Beinen baumeln ...“ (Zitat von Peter Rixen)

Die nörgelnde und oft rechthaberische EINS nicht mehr zu spielen, sondern sie zu umspielen, um sie herum zu tanzen - das ist schon interessant, nicht wahr ?

 

Eigentlich gibt uns doch die Erde selbst frei, wenn wir uns mit ihr, mit dem Unten und uns mit der Schwere hinreichend auseinandergesetzt haben. Denn dann wissen wir doch, wo die Eins ist - das ist der Unterschied zu den bloß Abgehobenen. Alles wird ganz leicht, weil nach dem Tiefgang eben das Aufsteigen folgt. Wir müssen uns frei machen, weil etwas oder jemand Anderes uns bloß an den Boden ketten will. Woher kommt denn die Ansicht, dass man mit beiden Füßen auf der Welt stehen muss ?

Die Erde ist nicht das Problem. Die Probleme kommen von dorther, woraus uns Himmel und Erde fremd gemacht werden sollen. Eine Falle der Oberflächlichkeit ist, dass wir uns zu wenig gründlich mit der Sache beschäftigen, und eine Falle aus dem Stande ist, dass wir an bestehende Vorgehensweisen kleben und nur eine ganz bestimmte Form oder Empfindung schon für das Wesentliche halten, oft gefolgt wieder von einer Oberflächlichkeit: Wir hinterfragen nicht die eine so richtig geglaubte Form und sehen nicht auf die Ursachen, warum das geglaubt richtige Vorgehen nicht funktioniert, oder gar nicht funktionieren kann.

 

Es gibt schon Situationen, worin Charakter und Standfestigkeit gefragt sind. Wie aber sieht eine Standhaftigkeit aus, die nicht an der einen äußeren Form kleben bleibt und dann doch nur wieder zur Erstarrung und zum Stillstand führt; und wie sieht Flexibilität und Wendigkeit aus, ohne in der Oberflächkeit vom Winde verweht zu werden ?

 

Hier nun einige Eigenschaften der Erde, welche von vielen allzu gerne nur im Stofflichen verortet werden:

Eigenschaft

Entsprechungen außerhalb der Stofflichkeit

die Erde

das Wesentliche, geistige „Welt“

Schwerkraft

Anziehung zum Wesentlichen, Begeisterung

Schwerpunkt und Zentrum

Wesenskern und „Himmelstempel“

Verdichtung

Verwesentlichung

Masse

Gehaltsvolligkeit

Gewicht

Bedeutung (aus Gehaltvollem und Faszination)

Gleichheit / Einheit

es existiert nur eine geistige „Welt“ / Monotheismus

Heimatort

geistige Heimat

Lebensmitte

meine eigene Mitte in der geistigen „Welt“ / Ich

Lebensmittel

„geistige Nahrung“

Zuhause

nahes Umraum des Ich

Stabilität und Ruhe

in sich selber ruhen und darin Zuhause Sein

Sesshaftigkeit

sich selbst treu bleiben, die eigene Bestimmung (Schicksal) finden, für sich sein

Familie

Wesensverwandtschaft, „Heilige Familie“

Regionalität und örtliche Nähe

Umraum des Ich und der Wesensverwandten, geistig Nahestehende

Bindung

Religion

Hafen, Landeplatz

Orte der Ankunft (beim Wesentlichen) Ankommen, „Vorhof des Himmelstempel“

Boden

Grundlagen (auf geistiger Basis)

Verwurzelung und Bodenständigkeit

beim Wesentlichen bleiben, Denken, „Tanz um den Himmelstempel“

 

Und wenn der Ausgangspunkt nun mal nicht auf der stofflichen, sondern in der himmlischen Erde liegt - kann die Tabelle dann nicht von rechts nach links gelesen werden ? Kann nicht etwa die gewohnte Familie „auf Erden“ auf einer geistigen Basis ruhen ? Fußt die wahre Stabilität nicht von der Heilsgewissheit vom Himmlischen her ? Da sind wir doch desorientiert, be-gründen wir Grund und Boden nur im Stoffe allein. Was ist Vermögen ? Liegt dem Grund nicht auch ein Prinzip zu Grunde ?

Verhält es sich mit dem Ausgangspunkt nicht vielmehr umgekehrt als gewohnt ? Etwa so, wie es etwa den Hirten zu Weihnachten gekündet wird ?

Vom Himmel hoch, da komm' ich her und künde euch die frohe Mär ... Hat nicht die sogar die Erde selbst seinen ideellen Ursprung im Himmel ?
Wo hat eigentlich
die Erde selbst ihr Lager und ihre Heimat ? Muss sie nicht von einer sie umhüllenden Heimat getragen werden, damit sie selbst uns Heimat sein kann ?
Woraus erneuert sich unsere Erde ?
Wo hat meine Heimat ihre Heimat ? Wo liegt ihr Bestand abseits ihrer Vergänglichkeit, wo ihre Unsterblichkeit, die über das Stoffliche hinausreicht ... ?
Woraus erwächst aus einem Ende ein Neubeginn, wohin adventiert die Erde für ihren Frühling im nächsten Jahr, woraus erwächst
überhaupt ein nächstes Jahr ?

 

Die Fragen sind schon angesichts des 21122012 durchaus berechtigt. Was bewahrt die Welt vor ihrem Untergang ?
Was bewahrt sie vor ihrem und uns vor unserem Sterben im grauen Abgrund des Nur-Stofflichen ?

 

Da hebe ich meine Augen

auf zu den Bergen:

Woher kommt mit Hilfe ?

Meine Hilfe kommt vom Herren,

der Himmel und Erde erschaffen hat.

(Psalm 121)

 

Das Erhebende erwächst von Jenem, der Himmel und Erde geschaffen hat. Fühlen wir dem Herbst mal nach. Ist er nicht auch levitierend ?

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