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G E R D ' s

E L E V E N T Y

F R Ü H L I N G . 2 0 0 9

Johannes Wort des Monats: Performanz

(© Website Universität Wien)

Oh wie so wundervoll ist doch der Versuch, Fremdwörter zu verdeutschen.
Vielleicht irre ich mich auch, die Möglichkeit muss ich natürlich einräumen, aber ich persönlich kenne das Wort Performanz nur im Englischen, also als das Wort „performance“.

Was bedeutet performance ? So viel wie Darstellung.
Genau hier liegt auch der Grund begraben, wieso es lieber in eingedeutschter Version verwendet wurde, denn sonst hieße es ja nicht „Leistung“, was es offensichtlich heißen hätte sollen, sondern „Darstellung, Aufführung“.

Wir sehen dies also als austauschbare Begriffe. Es ist derzeit modern, von der performance eines Unternehmens, eines Staates, einer Person oder sonst irgendeiner öffentlich mehr oder weniger relevanten Einheit zu sprechen und meinen damit - ja, was eigentlich ?

Genau das, was das Wort bedeutet. Wir meinen den Auftritt.
Die performance eines Unternehmens versucht zwar eigentlich zu meinen, was das Unternehmen so leistet und tut, aber das tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Der Eindruck ist es, der zählt, also ist das Erwecken eines Eindruckes weit wichtiger als die tatsächliche Leistung, die oberwähnten Eindruck erwecken soll. Um das schreckliche Unwort zu benutzen - die Finanzkrise. Sie ist ein klassischer Beweis für die hier vorgestellte These, denn es gäbe sie gar nicht, wenn nicht alle Leute sie für so wichtig halten würden. Hätte sich weltweit absolut kein Mensch um die Finanzkrise gekümmert, wäre sie nicht zur kompletten Wirtschaftskrise ausgeartet, da sie sich ja eben dadurch verstärkt, dass alle ihr Geld behalten wollen.

So, genug von der Wirtschaft. Im öffentlichen Leben zählt nun mal, wie man wirkt. Die performance im Sinne von Darstellung seiner Person. Dadurch entstehen eine Menge Probleme, denn das Leben selbst ist konkret. Der Eindruck ist irrelevant für das tatsächliche Ergebnis, natürlich ausgenommen den Fall, dass auf diesen Eindruck reagiert wird. Das ist übrigens eines der ganz großen weltpolitischen Probleme, dass auf den Eindruck vom Anderen und nicht auf den Anderen selbst reagiert wird, weswegen so viele Reaktionen falsch laufen.

Zurück zur Performanz in all ihrer Unprofessionalität oder Professionalität. In letzter Zeit ergibt sich der Eindruck, dass es besonders großartige Politiker gibt, die bekanntermaßen nicht mit Zeitungsherausgebern verwandt sind. Viele davon zeigen ein interessantes Verhalten, nämlich großartig zu sein. Und das auch noch den ganzen Tag lang. Da bleibt natürlich nicht mehr sehr viel Zeit dazu, noch etwas anderes zu tun oder zu sein, beispielsweise produktiv oder vernünftig. Das zählt ja auch gar nicht mehr, Hauptsache, man ist ausreichend großartig. Diese exklusive Großartigkeit - man ist nur noch großartig, sonst tut man nichts mehr - könnte zu einem realen Problem werden, nämlich dahingehend, dass Probleme nicht durch Großartigkeit gelöst werden können. Gar nichts kann durch exklusive Großartigkeit und perfekte performance gelöst werden, sondern nur durch tatsächliche Taten.

Aber wir brauchen uns darum jetzt keinen Kopf zu machen (ich hoffe doch, dass alle, die das hier lesen, bereits einen Kopf haben!), denn immerhin hat die Realität die Eigenschaft, sich deutlich zu Wort zu melden. Dann werden die Performance-Künstler wieder zu Real-Tätern werden müssen. Und sich danach beurteilen lassen, nicht nach dem hintergrundlosen Eindruck.

PS: Für inhaltsleere Maßnahmen zum Eindruckschinden gibt es die Bezeichnung Potemkin’sche Dörfer.

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