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G E R D ' s

E L E V E N T Y

E . M . A C H T

Thomas Buchtipp

Peru zur Jahrtausendwende:

Der Terrorismus ist besiegt. Die Andenstadt Ayacucho ist befriedet. Mord und Totschlag sind nur die Ergebnisse banaler Kapitalverbrechen. So lautet die offizielle, staatliche Meinung.

Es ist Karwoche in Ayacucho einem Wallfahrtsort in Peru (natürlich auch im Rest der Welt, doch hier spielt es eine besondere Rolle). Ein düsteres Spektakel von Blut und Exzess überschattet die Passionsfeierlichkeiten. Der stellvertretende Staatsanwalt Chacaltana ist unterwegs zu einem Tatort. Als treuer Beamter glaubt er an Recht und Ordnung. Als er, noch neu auf dem Posten, mit seiner ersten Leiche konfrontiert wird, hofft er auf rasche Abwicklung. Erst aber muss er versuchen, mit den hiesigen Machtverhältnissen zurechtzukommen - der Militärkommandant jedenfalls gibt ihm deutlich genug zu verstehen, dass an einer Aufklärung des Falls hier niemand interessiert ist. Doch auch andere „Offizielle“ machen ihm durch mangelnde Kooperation oder bewusstes Hintertreiben seiner Bemühungen das Leben schwer.

Chacaltana stellt fest, dass der Tote Kontakte zur besiegten Terrororganisation „Leuchtender Pfad“ hatte. Überraschenderweise stellen sich seine Vorgesetzten taub. Sie verbannen den verdutzen Staatsanwalt in die Provinz. Doch die Leiche ist so grausig verstümmelt, die Umstände ihres Auftauchens sind so dubios, dass Chacaltana, der an Gesetz und Ordnung glaubt und alles andere als ein Draufgänger ist, nicht anders kann, als weiterzuforschen. Es bleibt nicht bei dieser einen Leiche. Die verschiedenen „Hinrichtungen“ lassen einen gewissen „roten Faden“ erkennen, der die Vermutung nach Serientätern nahelegt. Schon bald hat Chacaltana alle Gewissheiten verloren und sieht sich unversehens selbst in einen Strudel aberwitziger Gewalt gezogen.

Während seiner Ermittlungen stößt er auf Personen, die auf verschiedenste Art mit Terrorismus zu tun hatten. So die Barbedienung Edith, die als den Grund des Todes ihrer Eltern „terrucco“ nennt oder den Pfarrer der Herz-Jesu-Kirche, der Chacaltana, der einen ganz persönlichen Totenkult für seine verstorbene Mutter betreibt, vor Augen führt, wie die Art der Morde im Zusammenhang mit christlichen Todesvorstellungen und rituellen Handlungen der Inkas steht. Auch wird ihm bei Gesprächen mit einem inhaftierten Terrorverdächigen und verschiedenen Angehörigen des Militärs immer deutlicher klar, wie schmal der Grat zwischen Täter und Opfer besonders in einem Bürgerkrieg ist.

Santiago Roncagliolo, 1975 in Lima geboren, lebt seit einigen Jahren in Barcelona. Er schreibt Drehbücher, Artikel für spanische und peruanische Zeitungen und ist vor allem als Romanautor hervorgetreten. Unbestechlich seziert Roncagliolo die Seele des Peruanischen Volkes.Vor dem sehr realen Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Abgründe seines Landes erzählt der junge peruanische Autor einen temporeichen, psychologisch eindringlichen Thriller, wofür ihm sogleich die internationale Aufmerksamkeit zuteil wurde. Roter April erhielt den Alfaguara-Preis 2006 und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

„Roter April“ von Santiago Roncagliolo, ist am 20. 2. 2008 in Übersetzung von Angelica Ammar bei Suhrkamp unter der ISBN 978-3-518-41964-9 erschienen, umfasst 331 Seiten und ist (in Österreich) um 20,40 Euro im Buchhandel erhältlich.

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