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Für mich
stellen sich - bildlich ausgedrückt - die
unterschiedlichen Strömungen der Religionen
wie eine Welt mit unterschiedlichen Landschaften
dar.
Jede Landschaft,
Gegend oder Region mag da eine eigene Vegetation
und einen eigenen Charakter haben.
Wesentlich ist, dass es da keine Grenzen mehr gibt.
Auch in der realen Welt sind die
Grenzen hausgemacht und
unnatürlich.
Selbstverständlich
sind die Landschaften und Gegenden
ausgeprägt, sodass jeweils ihr
Charakter erkennbar ist. Das muss so sein, denn
viele und auch ich halten nichts von einem
verwässerten Einheitsbrei.
Wenn dem so ist, sind die künstlichen Grenzen
auch nicht mehr notwendig. Denn wird das
Wesentliche gelebt, wissen die Leute auch
ohne Ausgrenzung, an was (und vor allem an
wen) sie glauben.
Ich halte es
für besser, dass die Individuen eher wissen,
an wen oder an was sie glauben. Nur aus dem an was
sie glauben, lässt sich besser sagen, an was
sie nicht glauben.
Ein weiterer Grund
für die Grenzenlosigkeit bei zumindest den
abrahamitischen Religionen ist, dass die Frage nach
den Beweggründen für die Ausübung
der Religion global ist.
Die einzelnen
Praktiken mögen unterschiedlich sein, aber
egal, ob Exerzitien, Übungen, rituelle Gebete,
Beichten, Liturgien und dergleichen - entscheidend
ist der Grund
oder das Bedürfnis
für
das Warum mache ich das ? und das
Wie geht es mir dabei ?, wo hilft es
mir weiter, wo werde in in meinem Leben
gestärkt, und wie gestaltet das meine
Beziehungen ?
Für Menschen
mit einer bewussteren und feineren Wahrnehmung
ihres Seelenlebens ist die Gültigkeit,
Echtheit, Richtigkeit (und mit welchen Worten man
das auch immer bezeichnen will) von z.B. einem
Gebet erlebbar und spürbar.
Wenn man da nur
ehrlich zu sich selbst ist, weiß man ganz
genau, was Gut und Böse, von Gott
angenommen oder nicht
angenommen wird ...
Wir tragen die
konkrete Religion in uns und erleben die Beziehung
zum Einen Beziehungsstiftenden, der, am Beispiel
vom Volk Israel, sich auf die Seite des
Schwächeren gestellt hat und von sich aus die
Beziehung zu uns Menschen aufgenommen hat. Dies
sogar unabhängig von historischen
Begebenheiten am Auserwählten Volk (Gottes
erster Liebe), denn die Beziehung von Gott
zum Menschen ist prinzipiell.
Das religiöse
Bewusstsein des Islams setzt auf die jenseits aller
zeitlichen Geschichte stehenden Tatsache des
vorzeitlichen Bundes, wie er aus dem Koran (Sura
7/171) zu verstehen ist, gegründet:
Vor der Schöpfung rief Gott die
zukünftige Menschheit aus den Lenden des noch
nicht geschaffenen Adam und redete sie an "Bin Ich
nicht euer Herr ?" Und sie antworteten: "Ja, wir
bezeugen es !". Der Gedanke an diesen vorzeitlichen
Bund zwischen Gott und der Menschheit hat das
religiöse Leben im Islam (vor allem dies der
Mystiker) tiefer beeinflusst als jede andere Idee.
Hier liegt der Ausgangspunkt für ihr
Verständnis vom freien Willen und
Vorherbestimmung, von Erwählung und
Angenommenwerden, von Gottes ewiger Macht, von
liebender Antwort und vom demutsvollem Versprechen
des Menschen.
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Obiges
auszugsweise aus Annemarie
Schimmels
"Mystische Dimensionen des
Islam".
Ich stimme
mit der Ansicht überein, dass das
Leben in und Handeln aus der jeweiligen
Religion eine Voraussetzung für
dessen Vertiefung in der jeweiligen Mystik
ist.
Eine Schönheit aus der Mystik ist das
gestaltende Einbringen meines
"verwandelten Menschen" in die Welt und in
die Beziehungen zwischen Menschen
untereinander und in die Beziehungen
zwischen den Menschen und Gott (so Gott
will).
Dem asketischen Aspekt kann ich nur
hinsichtlich der Ausnüchterung und
dem Loslassen von Begierden etwas
abgewinnen. Mit der Weltabgewandtheit bin
ich weniger einverstanden. Mir
gefällt der liebende
Aspekt im christlichem Sinne "Gott hat die
Welt so sehr geliebt, dass er seinen
einzigen Sohn hingab." - sozusagen sich
selbst hingab.
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Egal auf welche Art
der konkrete Mensch seine Religion ausübt.
Echt, gültig und richtig wird es
nur dann sein, wenn das aus
freien
Stücken
erfolgt.
Die Frage nach der Freiheit und Wahrheit, sowie
nach der inneren Einstellung ist
interreligiös. Dieselben Wesen
in
meinem Text
sind die Menschen, unabhängig vom
Kulturkreis.
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