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für
Martin
Früher
bin ich (Gerd) mal mit der Frage konfrontiert
worden, warum wir Evangelische ausgerechnet den
Karfreitag, an welchem Jesus Christus gekreuzigt
worden ist, feiern - so im Sinne: genügt es
nicht (oder sollten wir nicht vielmehr), den Tag
den Auferstehung, den Ostersonntag, gebührend
(zu) feiern ?
Ein
Gedenktag ist er uns: zum Bewusstwerden, dass
Christus für unsere Sünden gestorben ist
und uns erlöst hat - unsere weitere
Entwickelung ermöglicht - der Karfreitag. Ich
habe ihn mitunter sogar als einen Katastrophentag
in der sozialen Dramatik unserer Gegenwart gesehen,
und ich erinnere mich noch gut an ein ungeplantes,
sich ergebendes, Gespräch im Zug (in der Fahrt
von Villach nach Wien damals) ... und den
haben sie umgebracht. Darauf habe ich
geantwortet Aber
Er ist auferstanden
!
Was wir beide da erlebt haben
dies
könnten wir einander feiern. Aber warum denn
den Tag der Kreuzigung davor ?
Inzwischen
ist der Karfreitag kein Feiertag mehr.
Jesus
geht zum Menschen hin, er geht sogar in jene
Gefilde, welche von allen guten Geistern
verlassen sind oder vielen so erscheinen.
So ein Verhalten ist dramatisch, führt in
spannungsreiche und dramatische Situationen, und
mitunter in das Leid.
Im
Konkreten stellen sich mir Fragen wie: Kann ich
diese Person leiden ? Vermag ich mit dieser Person
(gemeinsam) zu leiden ?
Warum
überhaupt so auf das Leiden eingehen ?
Genügt denn nicht (oder wäre da nicht
besser) die sonntägliche Freude ?
Weil
mir das Leid aus dem Ernstnehmen
meiner Aufgaben erwächst. Dies ergeht auch
einigen meiner Kolleg*innen in gleicher Weise
so.
Auf diese Weise erwächst mir Leid, wenn ich
etwas Bedeutsames oder Liebgewordenes wie das
Vorgehen der agilen
Entwicklung
ernstnehme
gleich in welchem Bereich der einen und derselben
Welt, gleich ob im Beruf oder unter meinen Freunden
im Bewegung.
Weitere
Beispiele erleben wir genug und ich habe hier davon
auch schon erzählt.
Je mehr wir in unseren Aufgaben anwesend
dabei sind,
je höher das daraus erwachsende Leid
aber auch die Freude in unseren
Erfolgserlebnissen.
...
Einwilligend in Leid, kann deine Freunde Wurzeln
schlagen ... (N. Sachs)
Will
ich nicht dabei sein (so im Sinne: gut, dass ich
nicht da bin), gehe ich über dramatische und
unangenehme Situationen so hinweg, oder umgehe ich
diese, so werde ich kaum leiden und
freue mich eher darüber, dass
jener Kelch wieder mal an mir vorüber gegangen
ist. Falls ich mir darüber überhaupt
bewusst geworden bin.
Aber
aus meinem Dabeisein wird mir der Karfreitag zu
einem Tag, in welchem ich mich in meinem
praktischen Dasein ernstgenommen fühlen
kann.
Mein An- und Ernstnehmen meines (z.B. beruflichen
oder familiären) Schicksals wird
ernstgenommen. Ich
werde in der Tat ernstgenommen. Warum soll mir das
kein Grund zum dankbaren Feiern sein ?
Der
Karfreitag ist mir Tag des Lebens
auf der Erde,
ein Tag der Realität im Leben wie es eben ist,
wenn ich im Bilde nicht einfach so über den
nassen Rasen darüber schwebe, sondern den
matschigen Boden mit meinen Füßen
berühre, selbst wenn meine Schuhe dabei nass
werden
mich freiwillig in die Schwere begebe
und mir ihr ringe, woraus sich dann Willens-Formen
ergeben können.
Die
Karwoche mit der darauf folgenden Osterwoche bis
hin zum weißen Sonntag sind mir eine Feier
der Welt, ein Fest der Bodentauglichkeit und des
Umgehens mit der Schwerkraft anstelle diese zu
umgehen oder zu ignorieren.
Manchen
musikalisch im Bilde auch gleich einem Dreiklang im
Moll
Akkord,
worin mir der Schmerz und das Leiden als kleine
Terz zu Herzen geht, und mich dann die große
als Quint umarmt
worin mich Jesus Christus umarmt und meine Quint
(wo ich selbst dies nicht mehr zu vollbringen
vermag) schenkend voll macht.
Gleich
Moll
und Dur, Kreuz und Rosen, wie Brot und Rosen in
Gemeinschaft.
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