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G E R D ' s

E L E V E N T Y

F R E I T A G S V O L L

von der Normalität eines Grundeinkommens

für Ulrike.

 

Das größte Missverständnis über das bedingungslose Grundeinkommen (kurz: BGE) besteht meines Erachtens in der Vorstellung, dass nach dessen Einführung keiner mehr arbeiten gehen und in weiterer Folge die Wirtschaft zusammenbrechen würde. Produkte (auch welche die Bezieher des Grundeinkommens benötigen) würden nicht mehr hergestellt werden, usw.

Zum einen kann ich mich noch an eine Zeit erinnern, worin die Mehrheit der Bevölkerung kein Geld verdient hat, weil sie nicht (erwerbswirtschaftlich) gearbeitet hat.
Diese Mehrheit ist dennoch nicht faul gewesen - und dies hat keine Krise ausgelöst, sondern ist damals der Normalzustand gewesen.

Zum anderen hat mir z.B. der Arabische Frühling gezeigt, dass Zwänge, Vorschriften, oder auch nur jene Gewohnheitskultur des vorigen Jahrhunderts „arbeiten gehen zu müssen“, inzwischen nicht mehr zeitgemäß ist, weil selbst das Befolgen jener Vorschriften oder des äußeren gesellschaflichen Konsenses „arbeiten zu gehen, um sich sein täglich Brot zu verdienen“, nicht mehr zum versprochenen Erfolg führt. Gut ausgebildete Akademiker haben z.B. in Ägypten keine Arbeit gefunden, weil die „Jobs“ nur über „gute Beziehungen“ (um nicht zu sagen Korruption) erhältlich (gewesen?) sind. So wollen die jungen Leute einfach nicht mehr leben !

Von rund zweihundert Bewerbern für eine Lehrstelle sind nur die besten zehn genommen worden. Ein Glück für Markus, meinem Sohn, dass er unter den Besten gewesen ist.
Ein Glück für unsere ganze Familie ... Doch wie geht es den anderen und jenen Familien, wo ihr Sohn oder ihre Tochter zu den hundertneunzig nicht Genommenen gehören ?

 

Außerdem existieren schon seit Langem Rechte oder Möglichkeiten, welche mit einem BGE als Sachbezug vergleichbar sind, und welche übrigens durch Neid, Liberalisierungen und Privatisierungen zu verlorengehen drohen. Der Diskurs um das BGE könnte die bereits im vergangenen Jahrhundert „erworbenen Rechte“ aus Errungenschaften des sogenannten Sozialstaates wieder in unser Blickfeld rücken.

In Skandinavien existiert z.B. das Jedermanns-Recht, sich in dessen Natur zu begeben und etwa drei Tage an einem Ort zu campen.
In viel abgeschwächterer Form können auch wir einfach in den Wald hineingehen - wenn es sich nicht um ein Naturschutzgebiet, oder um eines der Großgrundbesitzer oder Jägerschaften u.dgl. Reiche handelt - oder Naherholungsgebiete besuchen. Um in den Schwarzenbergpark im Wienerwald zu gehen, brauche ich weder einen Besitzenden zu fragen, noch einen Eintritt zu bezahlen, ebenso keine österreichische Staatsbürgerschaft, und auch nicht arbeiten zu gehen (um etwa damit brav meine Steuern zu entrichten).

Der in Deutschland schon oft diskutierte Bildungsgutschein, oder ein freier und kostenloser Kindergartenplatz in Wien käme einer Art Grundeinkommen (in Form eines Sachbezuges) für Kinder gleich. Ebenso das Studieren ohne Gebühren, wie auch andere soziale Transferleistungen ohne Gegenleistung. Auch dies darf in den Diskurs um Für und Wider des Grundeinkommens einfließen.

Bei einer Altersteilzeit ab 60 erhalte ich bei 70 % meiner Arbeitszeit die vollen Bezüge und beziehe somit ein „Grundeinkommen“ ohne hierfür arbeiten gehen zu müssen. Ganz klassisch dazu fällt mir auch die Arbeitszeitverkürzung bei gleichen Bezügen ein. Die letzte liegt schon weit im vorigen Jahrhundert zurück, was mir zeigt, warum der Diskurs für das BGE inzwischen notwendig geworden ist.

So ist meine Mutter einst mit 55 Lebensjahren in Pension gegangen. Mir ist dies nicht mehr möglich, ansonsten würde ich bereits in Vollzeit Seelenturnen - gleich, ob mit Milan in Wien oder mit Harald in Budapest … Inzwischen braucht es eben das BGE, damit meine Generation in Sachen Rente denselben Lebensstandard wie die Generation davor hat. Das ist schon interessant, nicht ?

 

... und was machen dann die Leute ? …

Na, wahrscheinlich dies, was sie schon im vorigen Jahrhundert nach Einführung der 40 Stunden Woche - mit der Drittelparität 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit und 8 Stunden Schlaf - gemacht haben:

Ich würde jene Tänze, die ich meine nicht ohne dieser Drittelparität umsetzen können.
Die Leute werden etwas für sich tun, gleich-gültig und -wert, ob Fitness, Jogging, Wellness, Tanzen, Radfahren, oder einfach nur in der zugänglichen Natur spazierengehen und sich dabei inspirieren lassen.

Franz hätte ohne dieser Drittelparität nicht in der Biggaband, welche schon öfters (z.B. in der Sargfabrik) Konzerte gegeben hat, mitspielen können.
Die Leute werden kreativ sein und sich künstlerisch betätigen, gleich-gültig und -wert, ob Musik, Malen wie meine Mutter, Seelenturnen wie ich, oder einfach nur für einen Mondscheinbazar basteln.

Susanne hätte sich ohne dieser Drittelparität nicht für eine atomkraftfreie und saubere Umwelt einsetzen können.
Die Leute werden sich politisch engagieren und an der Zivilgesellschaft mitwirken, gleich-gültig und -wert, ob gegen Atomkraft, für die Regenwälder, gegen den Untergang von Venedig, für den Klimaschutz, gegen 5G, für regionale soziale Netzwerke, oder einfach nur für die Bewahrung der Schöpfung zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen eintreten.

Nein ! Die Welt wird nicht untergehen, ihr Angsthasen !

 

Wir, in unserer Vereinigung, haben uns umgehört und mit Leuten gesprochen:
Die meisten werden nicht gar nicht arbeiten, sondern nur weniger arbeiten, was defacto ja eh nur einer Arbeitszeitverkürzung mit in Summe gleichen Bezügen nahekommt.

Manche jungen Leute werden wahrscheinlich später, oder überhaupt anders arbeiten.
Ich denke etwa an die Berichterstatter aus der Civilisierten Welt oder aus dem Perry Rhodan Universum vom ehemaligen SF Radio, welche sich darin nach und nach Medienkompetenz aneignen.

Manche gehen früher in Pension, weil das BGE die Abschläge abdeckt. Auch gut, denn vielleicht werden dann jene Erfahrenen, die das Unternehmen braucht, besser behandelt werden - und wenn es eh wurscht ist, dann sind auch die Bullshit-Jobs dahin … Denn dann können all diese Projekte und Services ja nicht so wichtig gewesen sein. Ich denke etwa an … ach, das sind aber so viele …

 

Und ? Ist die Welt durch die Pensionisten untergegangen ? Was machen all die Rentner ? Sie haben viel zu tun, wie wir wissen.

Und auch wir werden viel zu tun haben, wenn wir das bedingungslose Grundeinkommen mal erhalten werden …

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