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G E R D ' s

E L E V E N T Y

H E R R L I C H T

Drei Epochen der Übermittlung

In unserem Wiener Hauskreis (und dessen Umkreis) finden sich mehrere Familien mit schulpflichtigen Kindern, wie auch Lehrerinnen oder pädagogisch Interessierte gleichermaßen. Darüber hinaus besuchen viele unserer Mitglieder im Rahmen ihrer Weiterbildung ebenso Schulen oder einfach nur Vorträge, und erleben ebenso unterschiedliche Methoden der Übermittlung von Lehrinhalten.

 

So orte ich folgende Epochen (oder Generationen) der Wissensweitergabe, welche ich gerne mit den jüngsten drei Jahrhunderten in Verbindung bringe:

 

Zum einen die Epoche des Rufzeichens aus dem „dunklen Zeitalter“ mit dem 19., welche sich aber angesichts der zwei Weltkriege wohl bis zu den Sechzigern des 20. Jahrhunderts erstreckt haben muss. Viele Rufzeichen sehe ich auch heute noch bei den Angaben der Schularbeiten für Markus … Ob da die Außenwelt ihre Überlastung und Ratlosigkeit durch eine vermeintliche Stärke kaschiert ?

Einem Erwachsenen würden jene Rufzeichen jedenfalls als Befehle anmuten, worin nicht bloß angewiesen wird was zu tun ist, sondern nämlich auch das Wie. In alten Zeiten haben die Erwachsenen dies vielleicht nicht so empfunden, weil die Individualität bis zum 19. Jhdt. noch nicht so breit entwickelt war, denke ich. Befolge die Befehle der Autorität, dann wird es Dir gut gehen. Weitere Hinweise mögen dem Römerbrief von Paulus entnommen werden.

Eine noch dem Rufzeichen zugehörige aber den Befehlen nachfolgende Phase ist jene der Vorgaben, worin zwar noch das Was, aber nicht mehr das Wie vorgegeben ist. Ich zähle diese Phase nach wie vor zur Epoche der Rufzeichen, weil darin noch keine Wertediskussion stattfindet. Jene Weltanschauung zu hinterfragen mutet im Rufzeichen einfach als absurd an. Das käme einer (als Anmaßung empfundenen) Beurteilung des Verhaltens der Götter gleich! Treffen da zwei unterschiedliche Anschauungen aufeinander, kommt es zu „Glaubenskriegen“, weshalb es wohl auch innerhalb des Kreises der jeweiligen „Weltanschauungs-Gemeinschaft“ recht autoritär zugegangen sein muss. Das war auch zu Zeiten der „68iger“ nachvollziehbar: Schwarz oder Weiß, Freund oder Feind, wie auch bei den Wahhabiten in Arabien oder jetzt bei der IS in Syrien - denn die Wüste verzeiht keine Fehler.

 

Zum anderen die Epoche des Punktes, bzw. des Aussagesatzes.

In dieser Epoche wird viel diskutiert, weil die Werte und Weltanschauungen parallel nebeneinander stehen, und die einzelne Individualität nun eingeladen wird, die Aussagen jeweils nachzuvollziehen. Nach wie vor sind die Aussagen der jeweiligen Werte, Dogmen oder Weltanschauungen noch festgesetzt und vorgegeben - aber der Einzelnen steht es frei diese (für sich) nachzuvollziehen oder eben nicht. Nun wird argumentiert und die Einzelnen scharen aktivistisch ihre Jünger um sich. Es entstehen viele Gruppen und eine Agora - dem Markt der Möglichkeiten und der freien Kombinationen. In diese Epoche (welche ich dem 20. Jhdt. zuordne) fällt meine Generation.

Ein Übergang in Richtung der folgenden Epoche sind die Angebote.
Sie sind noch Aussagesätze, aber Möglichkeiten/Einladungen, wie etwa "probiere mal ...", wobei das Probieren und das Ergebnis daraus natürlich offen bleibt.
Sie können, wenn ich etwa aus einer Rufzeichen-Tradition komme, als Vorgaben missverstanden werden, obwohl sie als Solche gar nicht gemeint waren.
Sie können auch als Frage formuliert sein, wie etwa "wie wäre es ...?" "Wie geht es Dir mit ... ?" Angebote sind, wenn sie denn Angebote sind, als Solche ehrlich gemeint und nicht manipulativ.

 

Mein Sohn Markus wurde jedenfalls im 21. Jhdt. geboren und wird diese Epoche des Fragezeichens - oder auch jene des „i“ als umgestülptes Rufzeichen - voll miterleben.
Dazu wünsche ich ihm, dass er seinen mitgebrachten Zwillingscharakter auch zu entwickeln vermag. Ich denke, er wird ihn brauchen können.

Die Epoche des Fragezeichens kommt nicht mehr mit definierten Vorgaben daher, sondern nimmt den konkreten Menschen, eben die o.g. Einzelne, ernst und stellt intelligente Fragen, auf denen sie nicht bloß mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann. So lautet eine Frage nicht mehr: Bist Du dies oder Jenes, sondern etwa: Wie bist Du auf Dieses oder Jenes gekommen ? Vormalige Diskussionen verwandeln sich (vonnunan) in eine Diakonie des uns einander Begleitens auf dem Lebensweg. Das erleben wir jetzt in unseren Hauskreisen.

Bei den Fragen geht es weniger um das Nachvollziehen vorgegebener Inhalte, sondern um die Förderung eines Erkenntnis-Prozesses, worin die Einzelne „von selbst“ auf das Wesentliche trifft. Das ist pädagogisch gar nicht so einfach, weil das direkte Hinführen auf das zu Vermittelnde eher dem Aussagesatz entspricht. Im Fragezeichen bedarf es des Umfeldes, der Umgebung des zu Vermittelnden im Blickfeld, damit es der Einzelnen frei steht ein paar Schritte bis zum „Darauf-Kommen“ zu gehen. Das wird schon in der Form des Fragezeichens sichtbar. Ob die Einzelne geschwungen oder in einer Gerade „Darauf-Kommt“, steht ihr frei. Weder das Eine, noch das Andere ist ihr (von außen) vorgegeben.

Die Epoche des Fragezeichens - des Umfragens - betont das Sich-Hinbewegen auf das Wesentliche, statt es bloß vorzugeben oder gar zu befehlen.

 

Ausblick: Selbst-Verständlichkeiten

(Diesen Ausblick stelle ich als Aussagesatz dar, weil sich mir dies nur ahnend zeigt.)

Eine Zeit lang werden wir sowohl das Fragezeichen als auch den Punkt gleichermaßen vorfinden, gleich wie dies bei Rufzeichen und Punkt gewesen ist, weil wir uns stets in den Übergängen bewegen. Während wir uns etwa auf das Fragezeichen zubewegen, ist der Punkt das Standbein (meiner Generation). Das zeigt sich auch im Klettern, worin drei der Glieder einen Halt haben, während das vierte sich weiter bewegt.

Zum einen versteht im Selbst-Verständlichen die Einzelne selbst und ist durch die Fragezeichen ihres Umkreises und ihrer Freunde von selbst darauf gekommen.
Zum anderen benötigt es keine äußeren Konventionen mehr, weil die Verstehenden im Wesentlichen angekommen sind. Das erinnert an Pfingsten, an das Wirken des Heiligen Geistes, worin die unterschiedlichen Sprachen oder Formen eben verschiedene Kleider des Wesentlichen sind. Für mich liegt das in der Zukunft, und die beginnt jetzt etwa mit einem GI, im Platz schaffen für das Wesentliche - oder vielleicht auch weihnachtlich mit einem herrlich' T ?

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