Eleventy.at - Verein - Produkte - Völker - Zeitung: Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern

G E R D ' s

E L E V E N T Y

L E I C H T G R Ü N

Die Bedeutung von Naturalsteuern

- für Hilfswerke und dergleichen ...

Die Debatten um die längst fällige Abschaffung der Wehrpflicht ermöglichen uns die Aufmerksamkeit auf ein nahezu verborgenes Thema - ähnlich der Steuer an den Regierungsfunk - zu richten. Es geht um Selbstverständlichkeiten, welche für meinen Sohn Markus in seinem Leben von Relevanz sein werden. Aber es sind zwingende „Selbstverständlichkeiten“, die sich nicht nur für die unmittelbar Betroffenen als höchst unbequem herausstellen.

Die Wehrpflicht, bzw. der Präsenzdienst, ist eine Naturalsteuer, von welcher die meisten Männer um die 18, und je nachdem, wie sie sie ableisten, auch noch später, betroffen sind. Sie reicht an das einzige Stück Österreich zurück, das uns nach dem Ersten Weltkrieg noch bis heute (zumindest formal) geblieben ist: Nämlich die immerwährende Neutralität, inklusive der Bereitschaft sie mit der Waffe zu verteidigen.

Mit der Zeit scheint man daraufgekommen zu sein, dass dieses Stückchen in das 20. Jahrhundert hinübergerettetes Österreich auch mit anderen Mitteln verteidigt werden kann, etwa mit Diplomatie, die Hauptstadt als UNO-Standort, Handelsbeziehungen, zivilen Widerstand, kurz: mit Möglichkeiten ohne dafür andere Menschen umzubringen. Zuerst wurde im Bundesheer die Möglichkeit den „Dienst ohne Waffe“ geschaffen, was aber durch die strukturellen Zusammenhänge, worin der äußerliche Dienst ohne Waffe sehr wohl jenen mit der Waffe unterstützt, auf Dauer keine befriedigende Lösung gewesen ist.

Dann kam der Zivildienst, der vieles verändert hat und zu unserem verborgenem Thema hinführt.

Der Zivildienst ist nämlich nicht autonom entstanden, sondern hängt unmittelbar mit der Wehrpflicht zusammen, weil er dazu ein Ersatzdienst ist.
Fällt nämlich die Wehrpflicht, so fällt auch der Zivildienst, und dies ist der einzige Grund für die Debatten !

Anfangs, und auch bis in jene Zeit, worin ich selbst von jener Naturalsteuer betroffen war, hat es die Kommission zur „Gewissensprüfung“ gegeben, denn der Zivildienst durfte nur aus Gewissensgründen (d.h. wenn die Person durch den Präsenzdienst in einen Gewissenkonflikt käme) als Ersatz zum verpflichteten Wehrdienst abgeleistet werden. Viel später wurde diese ohnedies zweifelhafte Kommission abgeschafft und durch die längere Dauer des Zivildienstes im Verhältnis zum Präsenzdienst ersetzt.

Durch die ULV (umfassende Landesverteidigung), welche zum Teil auch jene Organisationen, denen Zivildiener zugeteilt werden, miteinbezieht, ist das Thema der Totalverweigerung aufgekommen, weil nun die Zivildiener nun erst wieder, auf zumindest indirektem Wege, das Bundesheer unterstützen müssen. Ich würde im Ernstfall zur Feuerwehr eingezogen werden. Aber die Totalverweigerung ist hier nur am Rande interessant.

Mir stößt jedoch der Zivildienst gleich der Welt die Atomkraftwerke wieder sauer auf. Damals wie heute wird auch mit Zivildienern gutes Geschäft gemacht.

 

Zivildiener werden meist Rettungsorganisationen, Hilfswerken und anderen karitativen Einrichtungen zugeteilt, und dabei spielen diverse politische Beziehungen zwischen „Farben“ und Organisationen keine unwesentliche Rolle. Gleich wie damals Tschernobyl und heute Japan sind die Zustände skandalös: Zivildiener stellen für diverse Organisationen billige Arbeitskräfte dar, welche mitunter qualifizierte Kräfte verdrängen oder sie zwingen zu Dumping-Preisen zu arbeiten.

Zudem haben Naturalsteuern einen immens zwingenden Charakter. So existieren Verwaltungsstrafen, bei denen die Gewaltentrennung nicht eingehalten wird: Da Zivildiener als mittellos gelten, kann hier keine Geldstrafe, sondern eine „Primär-Freiheitsstrafe“ verhängt werden, d.h. eine Verwaltungsbehörde kann Leute einsperren lassen, was laut unserer Verfassung nur der Gerichtsbarkeit zukommt.

Ich kann mich noch gut an meine Zeit als Zivildiener erinnern: Ich wollte zu den (evangelischen) Johannitern und wurde einem katholischen Ritterorden zugeteilt. Die Arbeitsbedingungen waren entsprechend demokratisch, und jene Organisation hat sich durch staatliche finanzierte Zivildiener ein neues Geschäftsfeld erschlossen, das ihnen im normalen Wettbewerb verwehrt geblieben wäre. Sogar eine professionelle Kleineinrichtung musste sich der Wettbewerbsverzerrung durch die „geförderte“ größere Einrichtung stellen und sich mit ihr arrangieren, denn sie selbst wäre zu klein und zu unbekannt für die Zuteilung von Zivildienern gewesen. (ähnlich wie bei Presseförderungen ...)

 

Das Verborgene hinter den Debatten und einem potentiellen Koalitionskrach ist also nicht das Bundesheer, sondern sind die diversen Hilfswerke, Rettungsorganisationen und ähnliche Einrichtungen mit ihren Beziehungen zu den „Farben“. Weil sie einfach billig sind, sind sie so wichtig, die Zivildiener (ähnlich wie die Gastarbeiter oder Frauen, aber das ist eine andere Geschichte ...), und dies geht im Farbenfilz der kaschierten Mitmenschlichkeit und im Dunst des, ach so hilfsbereiten, Sozialgetues unter. Denn es zeigt, was sie der Politik wert ist: Für billige Staatssklaven nicht zu schade und für eine Professionalität zu unrentabel !

Weg mit diesen Lügen, worin wir uns doch nur etwas vormachen. Denn das hat mit der ursprünglichen Absicht, Österreichs immerwährende Neutralität zu verteidigen, wohl nichts mehr zu tun !

 

Eigentlich sollten die Aufgaben, welche den Organisationen zukommen und jenen Bedürftigen, denen sie nützen sollen, uns für den Pfusch zu schade sein. Junge Menschen für diese Machenschaften zu missbrauchen und ein Jahr ihres Lebens zu stehlen, müsse endlich abgestellt werden - zum Wohle für ein professionelles Bundesheer und für professionelle Sozialeinrichtungen gleichermaßen; und schließlich zum Wohle der Betroffenen, darunter mein Sohn Markus mit seinem Schulfreund Tobias.

Eleventy.at - Verein - Produkte - Völker - Zeitung: Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern