In unserer
Vereinigung sind zu dem Schluss gekommen, dass sich
das Europa der mehreren Geschwindigkeiten auch in
dessen überfälliger Emanzipation von den
USA zeigt.
Schon vor der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 wurde
die Emanzipation Europas vom Sowjet-Kommunismus
sichtbar. Warum aber wollen sich viele
Europäer nicht auch von den USA lösen
?
Wesentlich
hierfür ist die quasi Gleichsetzung eines
EU-Beitritts mit einem Beitritt zur NATO. Einige
Kern- und Gründungsländer der EU haben
seit der Nachkriegszeit eine NATO-Vorgeschichte.
Diese haben viel in ihre NATO-Mitgliedschaft
investiert. Weiters spielt sicher auch der
Marshall-Plan zum Wiederaufbau Mitteleuropas eine
Rolle. Bei vielen Beitrittsländern wurde und
wird die USA als wirksamer Schutz vor den Sowjets
und als allgemeiner Schutz in der Weltpolitik
verstanden.
Das erinnert aber
sehr an das Umgehen vieler Protest- und
Nichtwähler mit den Populisten unter den
Millionären. Viele glauben, dies seien die
Macher, welche etwas für einem
tun. In Wirklichkeit werden aber dessen
Eigeninteressen verfolgt. Schon 1948 erkannten
führende Amerikaner, dass sich der Besitz der
Hälfte des Reichtums von sechs Prozent der
Weltbevölkerung nicht mit demokratischen,
westlich-abendländischen oder gar
menschenrechtlichen Idealen argumentieren oder
verteidigen liese.
Zudem sind Kriege
mit den Schwellenländern im Zuge des globalen
Nord-Süd Konfliktes ohnedies Kriege der
Giganten, denn die wirklich Armen und Kleinen haben
gar nicht die Mittel, hier mit zu spielen. Und
zumeist sind die Giganten im Verhältnis zu
ihren Wählern und Mitträgern aus dem
Kreis der Kleinen gar nicht demokratisch. Denn nur
wer für oder gegen die USA (je nach
Standpunkt) eintritt, praktiziert nicht per se
Demokratie, Menschenrechte oder Toleranz mit einer
Vielfalt von Lebensmöglichkeiten !
Genau dieses
Verhältnis trifft uns innerhalb der EU,
welcher sich zu einem der Giganten in der Welt
entwickelt und sein Verhältnis zu den anderen
Giganten erst definieren und im Sinne einer
Demokratie erst gestalten muss. Die Beziehung von
den Giganten untereinander erlaubt auch
Rückschlüsse auf die Beziehung zwischen
Akteur und den Mitträgern innerhalb des
jeweiligen Giganten.
*
Die traditionelle
Kombination zwischen EU- und NATO-Mitgliedschaft
rührt von der nachkriegszeitlichen Teilung
Europas her. Eine europäische
Wiedervereinigung muss auch zur eigenen
Identität der Verteidigungsgemeinschaft
führen. Diese ist schließlich eine
Grundlage für eine EU-gemeinsame
Außenpolitik zum Schutz einer klar zu
formulierenden Wertegemeinschaft, wie
beispielsweise Demokratie, Vielfalt der
Lebensmöglichkeiten und Erhalt vom Gemein- und
Sozialwesen. Eine gemeinsame Europa-Politik
würde auch das ebenso traditionelle
Verhältnis zum Osten einfacher
machen.
Zur Zeit mangelt es
an einer gleichwertigen Alternative zu NATO und
ihrer entsprechenden US-Politik. Diese ist in einer
EU-25 und ggf. darüber hinaus zu entwickeln.
In einer eigenen Verteidigungsgemeinschaft stellt
sich freilich die Frage nach der Kommandosprache,
bzw. -sprachen, sowie jene nach Dominanzen potenter
Länder, wie z.B. der Atommacht
Frankreich.
Die Rolle des
Englisch könnte wahrlich auf dessen
tatsächlicher Bedeutung reduziert werden: Sie
ist die globale Sprache des Alten Commonwealth,
welche ihre Welfare of Nations eben mit den
machtpolitischen Mitteln Groß-Britanniens und
den USA durchsetzt. (In diesem Zusammenhang
dürfen wir uns auch die Frage stellen, wie
europäisch eigentlich England mit seiner
Arbeitspartei ist - und wie die Schotten dazu
stehen. Irland hingegen wird sich eher als ein Teil
Europas verstehen.)
Global könnte
das Spanisch zunehmend an Bedeutung gewinnen, und
im Fernen Osten existieren völlig andere
Sprachen mit weitaus größeren
Sprecherzahlen.
Englisch wäre als so genannte
Weltsprache zu hinterfragen, zumal sich
im Geschäftsleben die Sprache des zu
gewinnenden Handelspartners als konstruktiver
erweist.
Für die EU-25
ist hingegen das Deutsch nicht unwesentlich.
Speziell bei den Beitrittsländern ist Deutsch
als Fremdsprache attraktiver als Russisch und sogar
Englisch, zumal wegen Brexit.
Außerdem sind zur Zeit alle Sprachen der
Mitgliedsländer als Amtssprachen
zulässig.
*
Ungeachtet dessen
ist bei der Weltpolitik der Ferne Osten zu
berücksichtigen. Dies aber sollte für
Europa nicht zum Anlass werden, auf die gleiche
Weise zu verfahren wie die neuen
Beitrittsländer bei dessen Emanzipation von
der UdSSR und Russland. Sollten wir uns auch von
den USA emanzpieren und zueinander finden wollen,
so wäre die Alternative aus unserer Mitte und
von uns selbst zu entwickeln, statt das Pendel vom
Fernen Westen zum Fernen Osten schwingen zu
lassen.
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