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G E R D s

E L E V E N T Y

H I B E L L E

Katastrofurchtverheerend

von Johannes als Wort der Ausgabe

© Thomas, zumindest kenne ich (Johannes) das Wort von ihm.

 

Es wirkt in der derzeitigen Situation vielleicht als ein allzu passendes Wort, diese Chimäre aus verschiedenen Wortfetzen.

Die weltweite Pandemie, auf die sich viele Medien schon seit Jahren freuen und vor der bisher bei jeder neuen Krankheit gewarnt wurde, ist endlich mal wieder über uns hereingebrochen und hat unseren kollektiven Weltuntergangsängsten Nahrung geliefert.

Zur Erinnerung: Die schlimmste Krankheit, in absoluten Zahlen gerechnet, war die um 1919 grassierende Spanische Grippe; in Prozentzahlen gerechnet war es die Pest, die wiederholt über Europa (und andere Kontinente) hereinbrach. Obwohl die Pest mittlerweile heilbar ist und durch einen natürlich erfolgten Austausch der Rattenspezies in Europa weitgehend verschwunden ist, liegt die letzte Pandemie also noch gar nicht so lange zurück, gerade mal rund einhundert Jahre. Wir alle wissen, dass die Welt dadurch untergegangen ist, der Himmel ist uns auf den Kopf gefallen, die Zivilisation brach zusammen, der Bart des Kaisers Karl, der unter dem Untersberg sitzt, wuchs zum dritten Mal um den Steintisch und die Posaunenengel haben zur Apokalypse geblasen.

Stattdessen folgte ein Weltkrieg, der zugegebenermaßen für die Betroffenen ein recht apokalyptisches Ereignis war, danach ein Wiederaufbau und der Untergang unserer Zivilisation wird eher durch Wirtschafts- und Internet-Unkultur vorangetrieben als durch Krankheiten.
Wir werden also auch diesmal nicht untergehen; und wenn wir vernünftig wären, könnten wir sogar Verbesserungen wie ein stabileres, modulareres, nachhaltigeres und regionaleres Wirtschaftssystem aufbauen. Sind wir nicht, also werden wir nicht, der Punkt jedoch bleibt: Angekündigte Weltuntergänge finden nicht statt.

 

Und genau das ist es, was ich an dem Wort gerade auch jetzt so schätze: Es kommt mir gar nicht in den Sinn, wenn ich etwas wirklich für schlimm halte. Es wird nur sarkastisch, satirisch oder ironisch benutzt; eine bewusste Überzeichnung, die Dinge bis zur Kenntlichkeit entstellt. Das schafft eine Isolierschicht, eine Distanz, ein Zurücktreten zwischen mir und der Situation. Mag ich sie auch nach wie vor für schlecht halten, so hilft Humor doch, mich selbst emotional soweit zu distanzieren, dass ich klar denken kann. Es hilft, mir vor Augen zu führen, dass die Situation nicht so schlecht ist und ich mich zumindest ein wenig besser fühlen kann. Denn unsere Gedanken werden von unseren Gefühlen (leider) stärker beeinflusst als umgekehrt, auch wenn unsere Gefühle in puncto Erkenntnisfähigkeit unglaublich schwach sind.

 

Humor nimmt also einer unangenehmen Situation trotz allem das Übermächtige, das Allumfassende und Dominierende; er kann sie vom hohen Ross herunterholen und mir selbst klar machen, dass ich die Dinge falsch gesehen habe. Das heißt natürlich nicht, dass man sich über Leid oder anderer Leute Probleme lustig machen sollte; dazu würde ich hier niemals aufrufen, allein schon deshalb nicht, weil dafür kein Aufruf notwendig ist, das geschieht ohnehin sehr schnell. Nein, es geht mir darum, sich selbst bei passenden Gelegenheiten Abstand zu verschaffen, einen klaren Kopf und einen kleinen, emotionalen Energieschub. Und das gelingt eben oft dadurch recht gut, dass wir uns die Lächerlichkeit einer Situation, einer Ansicht oder auch nur unserer eigenen emotionalen Reaktion auf eine Situation vor Augen führen.

 

In diesem Sinne: Spaß findet man nicht, Spaß hat man nicht, Spaß macht man sich. Viel Erfolg dabei, egal, wie die Zeiten gerade sind.

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