von
Thomas
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Ein
nicht unwesentlicher Aspekt von Beziehung
und somit auch Beziehungskunst sind
Perspektiven.
Das gilt natürlich auch für den
Lebensbereich, in dem wir im Schnitt mehr
Zeit verbringen als mit der Familie, dem
Arbeitsplatz.
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Im
Jahr 1930 sagte der britische Ökonom
John Maynard Keynes voraus, dass durch den
technischen Fortschritt heute niemand mehr
als 15 Stunden pro Woche arbeiten
müsse. Fast ein Jahrhundert danach
stellt David Graeber fest, dass die
Gegenwart anders aussieht:
Im
Zuge des technischen Fortschritts sind
zahlreiche Arbeitsplätze durch
Maschinen ersetzt worden. Trotzdem ist die
durchschnittliche Arbeitszeit nicht etwa
gesunken, sondern auf durchschnittlich
41,5 Wochenstunden gestiegen. Wie konnte
es dazu kommen ? David Graeber zeigt in
seinem bahnbrechenden neuen Buch, warum
immer mehr überflüssige Jobs
entstehen und welche verheerenden
Konsequenzen diese Entwicklung für
unsere Gesellschaft hat. Er spricht von
Bullshitjobs.
Immobilienmakler,
Unternehmensberater, Investmentbanker: Sie
sind die Hofnarren des Kapitalismus, sagt
der Anthropologe.
Ein
Bullshit-Job ist eine
Beschäftigungsform, die so
völlig sinnlos, unnötig oder
schädlich ist, dass selbst der
Arbeitnehmer ihre Existenz nicht
rechtfertigen kann.
Es
geht also gerade nicht um sozusagen
Scheißjobs, Jobs, die
niemand machen will, sondern um solche,
die eigentlich niemand braucht.
Damals,
kurz nach der Matura, da lockte die
Zukunft mit Bedeutsamkeit. Wir wollten
Arzt werden, Lehrer, Anwalt. Dann
schrieben wir uns für das Studium
ein, landeten irgendwann im Master
für Kultur- und Eventmanagement,
Auditing and Taxation oder Advanced Safety
Sciences. Und jetzt? Arbeiten wir als
Fachreferent für medizinisches
Versorgungswesen, als Regionalkoordinator
im Bildungsmarketing, als Senior Legal
Advisor in einer Unternehmensberatung.
Tätigkeitstitel, die klingen, als
sollten sie etwas kaschieren. So bedeutsam
erscheint das nicht mehr.
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Was
ist passiert ?
Gesellschaftlich
sinnvolle Arbeit, so Graber, sterbe zunehmend aus -
automatisiert, computerisiert,
wegrationalisiert.
Sie wird ersetzt durch gesellschaftlich sinnlose
Arbeit, so erkennbar hirnrissig, dass die
Arbeitenden unmöglich selbst noch an sie
glauben können.
Aktivisten
plakatierten Zitate aus Graebers Aufsatz in der
Londoner U-Bahn, als Motivationshäppchen
für die Pendler auf dem Weg ins Büro:
Es ist, als ob jemand da draußen
sinnlose Arbeitsplätze erfindet, damit wir
weiterarbeiten.
Jetzt
gibt es immerhin ein Schlagwort für all das,
was man mit dem Sinnenthusiasmus so gern
verdrängt. Für das Partygespräch mit
dem Fremden, der auf die Was-machst-du-so-Frage mit
Erläuterungen antwortet, denen man schon nach
zwei Sätzen nicht mehr folgen kann. Oder der
verschämt versucht, das Thema zu wechseln, ach
ja, die Arbeit, vielleicht noch ein Bier.
Bullshitjob.
Oder
diese Tage im Büro, an denen die Uhr fast
rückwärts ticken würde, schlüge
man die Zeit nicht mit Minesweeper und Facebook
tot.
An denen man Arbeit heuchelt, indem man noch einmal
und noch einmal den E-Mail-Eingang aktualisiert.
Bullshitjob.
Oder
dieser merkwürdige Fall eines spanischen
Beamten, der für die Beaufsichtigung eines
Klärwerks jahrelang Gehalt bezog, obwohl er
längst nicht mehr im Büro auftauchte.
Bemerkt wurde das erst, als man ihm eine Medaille
für seine treuen Dienste verleihen wollte.
Bullshitjob.
Oder
das schier unauflösliche Rätsel nach der
volkswirtschaftlichen Daseinsberechtigung von
Immobilienmaklern. Aufschließen, kassieren,
und was war daran jetzt der Mehrwert? Wieder ein
Bullshitjob.
Graeber
knüpft in seinem Aufsatz, wie bereits
erwähnt, an den Ökonomen John Maynard
Keynes an, der unserem Zeitalter in den zwanziger
Jahren die 15-Stunden-Woche prophezeite.
Passiert ist das bekanntlich nicht. Das Lehrbuch
der Ökonomie behauptet: Weil auch unsere
Bedürfnisse größer geworden
sind.
Graeber entgegnet: Das würde nur Sinn machen,
wenn die neuen Jobs erkennbar produktiv wären.
Sind sie aber nicht ...
David
Graeber, geboren 1961 in den Vereinigten Staaten,
war bis zu seiner umstrittenen Entlassung 2007
Professor für Anthropologie an der Yale
University. Heute unterrichtet er an der London
School of Economics. Er ist bekennender Anarchist
und Mitglied der Industrial Workers of the
World. Graeber ist ein Vordenker der
Occupy-Bewegung und Autor des Weltbestsellers
Schulden. Die ersten 5000 Jahre.
Bullshit
Jobs von David Graeber ist am 09.09.2018 im
Klett-Cotta Verlag erschienen, umfasst 464 Seiten
und ist unter der ISBN 978-3-608-98108-7 um € 26,70
im Buchhandel erhältlich.
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