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G E R D ' s

E L E V E N T Y

D U R I G . B E R G A B

Fake News in der Geschichtsschreibung

am Beispiel von M. Luthers Verhältnis zum Bauernkrieg

von Mag. Wolfgang Klietmann

 

500 Jahre Reformation.
Ein schöner Anfang für ein Jahr der Feiern und Museumssonderausstellungen. Allerhand Dinge werden als Mitbringsel und Souvenirs erdacht, erzeugt, gekauft.

Natürlich ist Dr. Martin Luther und der Anschlag der 95 Thesen im Mittelpunkt gestanden.

In Luthers Geschichte gibt es auch das denkwürdige Jahr 1525.
Die Eheschließung mit Katharina von Bora, die Trennung von dem Humanismus und Erasmus von Rotterdam, schließlich der Bauernkrieg und Luthers Stellung zu den Bauern.

 

In den verschiedenen Geschichtsbüchern kann man nachlesen. "Reformation Martin Luther" von Dietrich Steinwede, Verlag Kaufmann - Christophorus:

Und Martin Luther schreibt "Eine treue Vermahnung zum Frieden auf die Artikel der Bauernschaft in Schwaben." Darin schreibt er: "Die Bauern müssen greulich Unrecht leiden. Aber sie sollen nichts mit Gewalt machen. Doch auch die Fürsten sollen von Frevel und Gewalttat gegen die Bauern ablassen." (Seite 38-40) Es ist Krieg, Bauern plündern Klöster und Burgen, ermorden grausam Mönche und Adelige. Entsetzt über die Taten der Bauern hatte Luther zuletzt "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" geschrieben. Seite 54 ein kurzer Satz: "1525 ist Luther erst für, dann gegen die Bauern."

 

Ein anderes Geschichtsbuch: "Evangelische Kirchengeschichte" von J. Kolder - H. Koch, Wien 1955: Seite 74:
"Als sich Luther durch die Reise in das Aufstandsgebiet persönlich überzeugt hatte, dass die Bauern jedem vernünftigen Wort unzugänglich blieben, verfasste er eine "harte" Schrift, betitelt: "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern.""

Ebenso "Ein Gang durch die Kirchengeschichte", Theodor Bock 1962/ 26. Auflage München 1974, Seite 99f.:
"... rief er in einer Schrift 'Wider die mörderischen und räuberischen rotten der Bauern' die für die Sicherheit und Ordnung des Landes verantwortlichen herren zu schärfstem Vorgehen auf."

Im Buch "Martin Luther. Einführung in Leben und Werk", Quell Verlag, 1995, Verfasser Hans Schwarz, betrachten wir die Seite 129.
Oben ein Bild der Titelseite eines Buches von Martin Luther, darunter der Hinweis auf diese Ansicht: "Ermahnung zum Frieden und Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern."

 

Betrachten wir die Titelseite des Buches im Original:

"Ermanunge zum Fride auff die zwelff

artickel der Bawrschafft ynn Schwaben

Auch widder die reubischen und mördischen

rotten der andern bawren.

Mart. Luther

Wittemberg"

 

Das Buch "Martin Luther - Ein Hausbuch" von Hermann Kunst, Kreuz Verlag Stuttgart 1982, gibt auf Seite 41 genauere Auskunft:

"Luthers angeblich selbständige Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" ist in den ersten Maitagen (1525) verfasst, etwa am 10. Mai ist der Druck beendet, sie kommt in die Hände der Leser erst, nachdem die Entscheidungsschlacht von Frankenhausen geschlagen ist...

Was damals in die Hände der Leser kam, war gar nicht die genannte Schrift, sondern eine zweite Auflage der im letzten Drittel des April 1525 geschriebenen "Ermahnung zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben", deren Titel ergänzt war: "Auch wider die räuberischen und mörderischen Rotten der anderen Bauern", weil ihr ein Anhang beigegeben war: "Wider die stürmenden Bauern".

Und dieser Anhang allein ist dann von den Nachdruckern mit dem Titel veröffentlicht worden: "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern". Er kam noch wesentlich später in die Hände der Leser, aber er existiert seitdem in der allgemeinen Vorstellung als selbständige Schrift, die man isoliert nehmen und bewerten könne (und das selbst bei Theologen!)."

Seite 42: "Seinen Friedensvorschlag hält Luther voll aufrecht,
nur den
anderen Bauern, die auf nichts hören, sondern mit Gewalt und Blutvergießen ihre Forderungen durchsetzen wollen, gilt der Zusatz der zweiten Ausgabe."

 

So verfolgt uns die "Fake News" der Geschichtsschreibung bis 2017. Siehe: Die Revision der Lutherbibel 2017 mit Sonderseiten, Deutsche Bibelgesellschaft, Seite 20: "Unter dem Eindruck der erfahrenen Aggressivität schreibt Luther seine nächste Schrift 'Wider die räuberischen und mörderischen rotten der Bauern.'"

Keine Erwähnung von Anhang und anderen Bauern.

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