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G E R D ' s

E L E V E N T Y

A M . S Ü D S E E

Von den vier Fällen

Wie schon zuvor erwähnt hat sich aus dem Leserkreis um die Zeitung ein mündlicher Leserbrief ergeben:

Ein langjähriger Kollege von mir hat die vier Fälle angesprochen. Rainer hat dazu von einem Herrn Basitian Sick einen Beitrag im Netz gefunden.

Dies ist für mich zum einen als Autor interessant, da ich manchmal zwischen dritten und vierten Fall pendle und mir das oft „nach Gefühl“ überlegen muss,
und anderem als Eurythmie-Student, da die Fälle bewegt dargestellt werden können.

Jener Artikel beantwort die Frage einer Lehrerin aus Berlin, welche Ausländer in Deutsch unterrichtet, nach der Ermittlung von drittem und viertem Fall.
Interessant ist dabei, das hier die Fälle nicht nummeriert, sondern eher bedeutend-bezeichnet werden. Wie ich bereits in der Eurythmie in den apollinischen Formen kennen gelernt habe, greift der Autor Bastian Sick auf die lateinischen Namen und deren Übersetzung zurück. Erster und zweiter Fall sind mir da stimmig:

Der erste lässt die Namen, Pronomen und Hauptwörter so wie sie sind - und dieser Fall wird auch nicht gesondert bewegt (da ja bereits das Jeweilige, das belassen wird wie es ist, sowieso bewegt wird).

Der zweite geht auf die Abstammung zurück (und wird entsprechend bewegt).
Gerne greife ich in meinen Geschichten auf den zweiten Fall zurück (wie etwa „in der Chamenauli Herzen Ziehen“ oder „der Heilige Berg dieser Menschen kleinen Welt“ …).

Spannend sind für mich hingegen der dritte und vierte Fall, da mir eine nachvollziehbare Unterscheidung eine Weltanschauung, die über das Sinnliche hinausreicht, voraussetzt.

Der dritte Fall Dativ leitet sich vom „dare“ ab und ist, wie Bastian Sick anführt, jener Fall des Gebens und Schenkens, während der vierte auf das „Anklagen“ zurück geht und darin jemanden etwas zufügt wird.

 

Wie sieht die Beziehung zwischen Sprecher und Angesprochenem, bzw. Gebendem und Empfangendem, im Dativ aus ?
Im Überreichen besteht eine Distanz zur Wahrung der Würde zwischen beiden. Das Überreichte steht zwischen den beiden, bildet eine Brücke, ein Dazwischen, worauf sich beide bewegen können.

Ganz anders ist das bei Akkusativ. Der zielt direkt auf das Wesen des Angesprochenen ab, will ihn treffen. Da keine Distanz mehr zwischen den beiden ist, wird der Andere „leiden“, ihm geschieht - Jenes, was zuvor das Überreichte gewesen ist, bricht nun über ihn herein. Im Positiven kann dies auch Ausdruck einer Nähe, eines Einander-Innig-Sein bedeuten, bis hin zu einer Vereinigung im „Ich liebe Dich“.

 

Im Dativ wohnt mir der „Respektsabstand“, die Distanz aus der Achtung meines Gegenübers. Dies erscheint mir durchaus zweckmäßig, wenn ich mein Gegenüber noch nicht kenne, ihm oder ihr eben noch nicht nahe bin, wir uns einander nicht so nahe stehen. Dies bedingt auch, dass ich am Anderen etwas erahne oder bemerke, was auch meinem Respekt verdient und eine Distanz verlangt/benötigt, etwa das Wesen des Anderen.

Im Akkusativ ist dieser Abstand aufgehoben, weil dieser auf den Anderen selbst abzielt, diesen (etwa verstehend) erfassen, durchdringen will. Auch das im Artikel erwähnte Abzielen, wie die Frage nach dem Wohin, betont mir etwas, das mir als ein Ziel überhaupt wert ist, nämlich das andere Wesen. Das kann sich für das andere Wesen - bzw. den Anderen [selbst] - unterschiedlich auswirken, wie etwa, dass dieses Wesen meine Aggressivität im Wollen (z.B. die Anklage) erleidet, oder aber auch an meiner Zuwendung im Verstehen sichtbar werden oder wachsen kann.

Durch die Eurythmie bekommt der vierte Fall für mich auch eine andere Bedeutung: Bekommt das Wesen „etwas von mir verpasst“, wie ein Name oder eine Projektion … - oder kann es sich in mir oder durch mich aussprechen, mir / uns etwas sagen. Vielleicht vermag uns dieser Fall vom Akkusativ zum Fall des Erkennens (ich sehe Dich / Dein Selbst …) und der communio zu werden.

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