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G E R D ' s

E L E V E N T Y

M Ü L L I G . I S T . S C H Ö N

Hirnmüll

Johannes Wort der Ausgabe

© (ohne Gewähr) Kleine Zeitung

Ich muss ganz offen zugeben, dass mich mein Gedächtnis ein bisschen im Stich lässt, was die tatsächliche Herkunft dieses Wortes anbelangt. Ich bilde mir ein, mich erinnern zu können, es in der Zeitung gelesen zu haben; es kann aber auch sein, dass es mir selbst eingefallen ist. Wie auch immer, das Wort ist da und gefällt mir so gut, dass ich rein weitere Worte dazu schreiben möchte.

 

Also los: Das Wort ist ja selbsterklärend - Hirnmüll ist Müll, den das Gehirn produziert; in Fachkreisen auch als "Sitcom" bezeichnet. Dabei will ich mich jetzt gar nicht mal ausnehmen, auch mein eigenes Gehirn produziert ständig mehr oder weniger grässlichen Müll. Von Zeit zu Zeit fliegen mir einfach grunddämliche Gedanken durch den Kopf, das geht uns allen so.

Manche von uns, nämlich die Geschäftstüchtigeren, können jedoch viel Geld damit verdienen. Das Ergebnis ist oft unerträglich blöde (wie bei schlechter Werbung oder schlechten Komödien), es kann jedoch, so es hinreichend veredelt wurde, erstaunlicherweise auch erfrischend blöd sein - das ist dann eine gute Komödie. Wie man sieht, ist der Grad ziemlich schmal und wird natürlich von jedem Betrachter vollkommen anders definiert.

Aber an diesen Müll haben wir alle uns schon so sehr gewöhnt, dass ihn unser Gehirn einfach abzublocken vermag. Andererseits ist das externer Müll, der ist harmlos.
Was aber tun wir mit unserem inneren Müll, also dem Müll, den wir selbst erzeugt haben?

 

Wir brauchen also eine Hirnmülldeponie - und auch hier hat uns der menschliche Erfindergeist mit etwas Wundervollem gesegnet, nämlich dem Internet. Es gibt keine Untergrenze im Internet, weder für Schwachsinnigkeit noch für Niveaulosigkeit des Geschriebenen. Für viele Menschen scheint es ihre beliebteste Eigentherapie zu sein, all den Müll, der in ihrem Kopf herum kugelt, als der Weisheit letzter Schluss im Internet zu posten. Glücklicherweise fallen die Wenigsten darauf herein, und es tut schon mal gut, seinen eigenen Schwachsinn auch loswerden zu können.

 

Manchmal jedoch ist es besser, den Schwachsinn so lange im Kopf zu sammeln, bis sich dann doch wieder etwas daraus machen lässt,
und sei es ein Text wie dieser hier - quasi veredelter Müll, so, wie sich Asche zu Diamanten pressen lässt, wenn nur genug Druck und Hitze vorhanden ist.

Was aber tun wir mit Hirn-Sondermüll ? Mit Hirn-Giftmüll ?
Wir können Parteien zur Verfechtung unserer Ziele gründen, Weltanschauungen oder Sekten entwerfen, uns zurückziehen und darunter zu Grunde gehen (für die meisten leider die beliebteste Variante) oder wir lernen, damit umzugehen. Wir sind nicht unfehlbar (ja, nicht einmal ich. Ich weiß, ich weiß, ein furchtbarer Schock, das hier zu erfahren - aber auch ich bin fehlbar. Und wie!), so bleibt nichts anderes übrig, als Recyclingstrategien zu entwerfen. Das Wichtigste ist es, zu begreifen, welche Gedanken Müll sind und welche nicht (kleiner Tipp: je selbstverständlicher sie zu sein scheinen, desto misstrauischer sollten wir werden), danach zu lernen, sie nicht mehr für bare Münze zu nehmen oder gegebenenfalls durch andere Gedanken zu ersetzen.

Und zu guter Letzt: Es bleibt uns nur, damit zu leben. Wir sind von Schwachsinn umgeben und durchdrungen - und das schadet gar nichts, es kann sehr witzig sein. Der meiste Hirnmüll ist ja auch ungiftig und ganz gut abbaubar; ich wüsste auch nicht, dass jemals jemand durch eine dumme Sendung oder Parteiprogramm von einem intelligenten, vernünftigen Menschen in einen wahnsinnigen Trottel verwandelt worden wäre - diese Verwandlung findet gewöhnlich bereits vorher statt.

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