©
(ohne Gewähr) Kleine Zeitung
Ich
muss ganz offen zugeben, dass mich mein
Gedächtnis ein bisschen im Stich lässt,
was die tatsächliche Herkunft dieses Wortes
anbelangt. Ich bilde mir ein, mich erinnern zu
können, es in der Zeitung gelesen zu haben; es
kann aber auch sein, dass es mir selbst eingefallen
ist. Wie auch immer, das Wort ist da und
gefällt mir so gut, dass ich rein weitere
Worte dazu schreiben möchte.
Also
los: Das Wort ist ja selbsterklärend -
Hirnmüll ist Müll, den das Gehirn
produziert; in Fachkreisen auch als "Sitcom"
bezeichnet. Dabei will ich mich jetzt gar nicht mal
ausnehmen, auch mein eigenes Gehirn produziert
ständig mehr oder weniger grässlichen
Müll. Von Zeit zu Zeit fliegen mir einfach
grunddämliche Gedanken durch den Kopf, das
geht uns allen so.
Manche
von uns, nämlich die
Geschäftstüchtigeren, können jedoch
viel Geld damit verdienen. Das Ergebnis ist oft
unerträglich blöde (wie bei schlechter
Werbung oder schlechten Komödien), es kann
jedoch, so es hinreichend veredelt wurde,
erstaunlicherweise auch erfrischend blöd sein
- das ist dann eine gute Komödie. Wie man
sieht, ist der Grad ziemlich schmal und wird
natürlich von jedem Betrachter vollkommen
anders definiert.
Aber
an diesen Müll haben wir alle uns schon so
sehr gewöhnt, dass ihn unser Gehirn einfach
abzublocken vermag. Andererseits ist das externer
Müll, der ist harmlos.
Was aber tun wir mit unserem inneren Müll,
also dem Müll, den wir selbst erzeugt
haben?
Wir
brauchen also eine Hirnmülldeponie - und auch
hier hat uns der menschliche Erfindergeist mit
etwas Wundervollem gesegnet, nämlich dem
Internet. Es gibt keine Untergrenze im Internet,
weder für Schwachsinnigkeit noch für
Niveaulosigkeit des Geschriebenen. Für viele
Menschen scheint es ihre beliebteste Eigentherapie
zu sein, all den Müll, der in ihrem Kopf herum
kugelt, als der Weisheit letzter Schluss im
Internet zu posten. Glücklicherweise fallen
die Wenigsten darauf herein, und es tut schon mal
gut, seinen eigenen Schwachsinn auch loswerden zu
können.
Manchmal
jedoch ist es besser, den Schwachsinn so lange im
Kopf zu sammeln, bis sich dann doch wieder etwas
daraus machen lässt,
und sei es ein Text wie dieser hier - quasi
veredelter Müll, so, wie sich Asche zu
Diamanten pressen lässt, wenn nur genug Druck
und Hitze vorhanden ist.
Was
aber tun wir mit Hirn-Sondermüll ? Mit
Hirn-Giftmüll ?
Wir können Parteien zur Verfechtung unserer
Ziele gründen, Weltanschauungen oder Sekten
entwerfen, uns zurückziehen und darunter zu
Grunde gehen (für die meisten leider die
beliebteste Variante) oder wir lernen, damit
umzugehen. Wir sind nicht unfehlbar (ja, nicht
einmal ich. Ich weiß, ich weiß, ein
furchtbarer Schock, das hier zu erfahren - aber
auch ich bin fehlbar. Und wie!), so bleibt nichts
anderes übrig, als Recyclingstrategien zu
entwerfen. Das Wichtigste ist es, zu begreifen,
welche Gedanken Müll sind und welche nicht
(kleiner Tipp: je selbstverständlicher sie zu
sein scheinen, desto misstrauischer sollten wir
werden), danach zu lernen, sie nicht mehr für
bare Münze zu nehmen oder gegebenenfalls durch
andere Gedanken zu ersetzen.
Und
zu guter Letzt: Es bleibt uns nur, damit zu leben.
Wir sind von Schwachsinn umgeben und durchdrungen -
und das schadet gar nichts, es kann sehr witzig
sein. Der meiste Hirnmüll ist ja auch ungiftig
und ganz gut abbaubar; ich wüsste auch nicht,
dass jemals jemand durch eine dumme Sendung oder
Parteiprogramm von einem intelligenten,
vernünftigen Menschen in einen wahnsinnigen
Trottel verwandelt worden wäre - diese
Verwandlung findet gewöhnlich bereits vorher
statt.
|