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G E R D ' s

E L E V E N T Y

S C H W E L L G E N

Einkaufsmetastasen

Johannes Wort der Ausgabe

© Gudula Walterskirchen

 

Oberwähnte Erfinderin des Wortes ist ihres Zeichens Buchautorin und hat das Wort, über das ich mich heute auslassen möchte, in dem schönen Buch "Die österreichische G'sellschaft" verwendet.
Ein auch ansonsten lesenswertes Buch, übrigens.

 

Beginnen wir hinten, damit es nicht zu logisch wird: Was sind Metastasen? Nun, wie wir (leider) heutzutage wohl so ziemlich alle wissen, sind Metastasen bösartige Wucherungen, die als Folgeerscheinung von Krebs auftreten, der eigentlich ein anderes Organ befallen hat. Metastasen sind somit ein ziemlich schlechtes Zeichen, was die Gesundung der Betroffenen angeht - einerseits ist die Heilung damit erschwert, andererseits hatte der Krebs schon ziemlich viel Zeit, zu wachsen und sich auszubreiten.

Genug davon. Was einkaufen ist, wissen wir (leider) auch alle - es handelt sich um das Tauschgeschäft, bei dem wir wenig Geld für ein Produkt und viel Geld dafür zahlen, dass es vom Erzeuger (der einen Teil des wenigen Geldes bekommt) zu uns gebracht und so präsentiert wird, dass wir uns einreden können, es tatsächlich kaufen zu wollen. Alternativ können wir, die wir das Glück haben, im ländlicheren Raum zu wohnen, auch direkt vom Erzeuger bzw. Hersteller kaufen. Jedenfalls ist es ein Geld gegen Ware-Tauschgeschäft, das wir meist ziemlich einseitig durchführen und von der anderen Seite lediglich manipuliert werden, das zu wollen, von dem die andere Seite will, dass wir es wollen.

 

Die Kombination heißt eigentlich "Einkaufszentrum", "Shopping City" oder dergleichen mehr und zeichnet sich durch folgende, besonders umweltfreundliche Eigenschaften aus: Sie ist möglichst flach und groß und von so vielen Parkplätzen umgeben wie möglich, die natürlich alle ebenerdig liegen. Als Ausgleich für die viele versiegelte Fläche wird sie bevorzugt ins Grüne, also auf die beste Ackererde, gebaut, wo wir sie nur mit dem Auto erreichen können. Öffentliche Verkehrsmittel verkehren dort nicht. Danach wird sie mit Billig-Geschäften gefüllt, die Konzernen gehören, zu deren Strategie es gehört, erst mal ein paar Jahre kein Geschäft zu machen, bis alle Kunden wissen, dass es hier billig ist, und dann, sobald alle kleineren Konkurrenten in der Stadt oder in zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Gegenden verschwunden sind, die Preise anzuheben. Somit tragen sie auch noch zu dem wunderbaren Phänomen bei, dass wir in jeder Stadt malerische Ruinen, früher Einkaufsstraßen, bewundern dürfen.

 

Und wir, aufgeklärt, ökologisch, rational wie wir doch sind, fahren natürlich dorthin, denn a) muss man das ja mal gesehen haben, b) sind die dort angeblich viel billiger - sprich: nur wenig teurer - und c) wozu in der Nähe bleiben, wenn es etwas nicht wesentlich Schlechteres auch in mittlerer Entfernung geben könnte? Sobald Zeit ist, stürzen wir uns in ein mobiles Blechkistchen, fahren damit in die stationären Riesenblechkisten (unter möglichster Vermeidung von frischer Luft oder Sonnenlicht, bäh!) und verbringen unsere Zeit begeistert damit, Geld, das wir nicht haben, für Dinge auszugeben, die wir nicht brauchen.

Und somit wuchern diese Einkaufsmetastasen glücklich in der Nähe aller Städte (aber auf dem Gelände kleinerer Gemeinden, wo sie weniger Steuern zahlen), tragen zum Hauptproblem der Umwelt (Versiegelung der Flächen) bei und locken uns mit zehntausend Geschäften, die in je zehntausend Varianten ganz genau dasselbe anbieten, was es beim Greißler ums Eck auch gegeben hat.
Damals, als der Greißler ums Eck noch nicht pleite oder ins Einkaufszentrum ausgewandert war.

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