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Dr. Johannes Klietmann, diesmal sogar als
absichtlich erstelltes Pseudo-Fremdwort.
Omphalos
(griechisch) ist der Nabel, Skopie (ebenfalls
griechisch, wer hätte das jetzt gedacht?)
bedeutet soviel wie sehen, betrachten. Es gibt
tatsächlich -skopien, wie zum Beispiel die
Mikro-skopie (das Betrachten von etwas Kleinem),
die Makro-skopie (das Betrachten von etwas
Großem), die Spektro-skopie (das Betrachten
eines (meist Licht-) Spektrums), die Gastroskopie
(das Betrachten des Magens) oder auch die
Horoskopie, wörtlich das Betrachten der
Stunde.
Die
Omphaloskopie ist natürlich weder eine
Wissenschaft, noch handelt es sich hierbei um ein
reales Fremdwort - aber ich musste einfach eines
erfinden, damit wir nun endlich eine
Lieblingstätigkeit mit einem Fremdwort
bezeichnen können: Die Bauchnabelschau, denn
das bedeutet Omphaloskopie
tatsächlich.
Nun,
die sogenannte Bauchnabelschau ist als Sinnbild
für Selbstbetrachtung in Verwendung, aber im
Kontext der vollkommen sinn- und nutzlosen
Selbstbetrachtung. Die Betrachtung meiner selbst
ist ja durchaus notwendig - ich muss z.B. wissen,
dass ich kein Elefant bin und daher schwächer
als ein Pkw. Außerdem bin ich keine Fliege
und kann daher auch nicht an der Decke kleben. Oder
fliegen.
Schon
Sokrates sagte, man solle sich selbst erkennen. So
ist denn Selbsterkenntnis nichts Verwerfliches.
Aber, seien wir uns mal ganz ehrlich: Welche
Selbsterkenntnis kann man aus dem Betrachten des
eigenen Bauchnabels ziehen?
Nun,
mal sehen: Zunächst deutet seine schiere
Existenz an, dass wir eine Nabelschnur hatten, also
zu den Säugetieren, oder genauer: den
Plazentatieren, also den höheren
Säugetieren gehören und von einer Mutter
geboren wurden. Nichts wirklich Neues, aber
teilweise sollten wir uns das ins Gedächtnis
zurückrufen, besonders, wenn wir
überheblich werden wollen.
Danach
können wir noch feststellen, wie unser
Bauchnabel beschaffen ist und ob er der Reinigung
bedarf. Schließlich und endlich können
wir uns überzeugen, dass wir schlank und
beweglich genug sind, um unseren eigenen Bauchnabel
zu sehen.
Ende
der Geschichte.
Ein
Mensch, in sich selbst verdreht und verkrümmt,
sich selbst nutzlos betrachtend in einer Position,
die es ihm unmöglich macht, die Welt um sich
herum zu sehen. Oder auch nur andere Teile seiner
selbst.
Im
übertragenen Sinne ist dies eine schöne
Warnung, vor allem an Organisationen jedweder Art:
Zu sehr um sich selbst zu kreisen ist nutzlos und
hinderlich. Sehr oft sehe ich (z.B. im Fernsehen),
wie Organisationen ihre Mitarbeiter oder -glieder
versammeln, um sich selbst zu erzählen, was
sie ohnehin schon immer gesagt haben und
großartige Strategien entwickeln, wie sie
Dinge, die weit, weit außerhalb ihres eigenen
Macht- oder auch nur Einflussbereiches liegen,
verändern, dominieren oder korrigieren
werden.
Stattdessen
schwächen sie sich damit selbst, denn sie
sehen erstens mal wieder nur sich selbst,
bestätigen sich also die eigene Meinung damit,
dass sie selbst dieser Meinung sind (der kleinste
Zirkelschluss, den es gibt), und zweitens
fördert es den Narzissmus und führt damit
zu völlig an der Realität vorbeigehenden
Vorstellungen von sich selbst und der
Welt.
Wen
könnte ich damit meinen? Nun
zum
Beispiel jedwede Organisation und Person
(selbstredend auch mich selbst), aber vor allem
solche, die gerne im Fernsehen
vorkommen
Also,
von jetzt an haben wir einen wunderschönen
Begriff zur Hand, falls wir jemandem etwas an den
Kopf werfen wollen, das nicht wirklich klagbar ist:
Wie wäre es denn mit Omphaloskopist? Klingt
doch gut, und selbst "Nabelschauer" ist nicht
klagbar. Mit der notwendigen Hochachtung
ausgesprochen, würde dieses Wort sogar noch
als Kompliment verstanden, und zwar wiederum vor
allem von Leuten, die es nicht verstehen, sich aber
für großartig halten. Tja, wie gesagt:
Das Wort musste einfach erfunden werden.
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