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Nicht
nur aus aktuellem Anlass, sondern auch
weil Ausstiegsszenarien aus bestehenden
Finanzmärkten eines unserer
Hauptthemen im Verein waren (und auch
bleiben werden) , habe ich diesen Buchtipp
ausgewählt.
Von weisen Lehren und Vorschlägen zu
entsprechenden Themen werden wir ja seit
Monaten per verschiedensten Medien
überhäuft. Dies halte ich
(Thomas) für einen durchaus
seriösen Beitrag.
Warum
ausgerechnet Griechenland ?
Es handelt sich um einen Peripheriestaat,
der lediglich zwei Prozent zur
Wirtschaftsleistung der Eurozone
beiträgt, von strukturellen Problemen
wie hoher Korruption und fehlender
Infrastruktur geplagt wird, und darum
eigentlich keine tragende Säule der
europäischen Wirtschaft ist.
Warum also wird das Mittelmeerland zur
Schicksalsfrage für ganz Europa
hochstilisiert und soll mit aller Macht
gerettet werden?
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Die
Antwort auf die Griechenland-Krise ist für
Otte einfach: Lasst die Griechen pleite gehen.
Denn eigentlich gehe es bei den Rettungsschirmen
der Eurostaaten weder um die Rettung von Hellas, um
die gemeinsame Währung, noch um die "Rettung
Europas" als Union.
Der
Autor bezeichnet das vielmehr als die "drei
politischen Lügen" der maßgeblichen
EU-Politiker in Paris, Berlin und Brüssel.
Nutznießer der sogenannten Rettungspakete
seien vielmehr die Investmentbanken und
Superreiche, die sich mit griechischen
Staatsanleihen verspekuliert hätten. Das
vergessen leider auch alle, die nun von den
bösen Griechen reden. Natürlich, es wurde
stets Misswirtschaft auch dort betrieben, doch dies
allein hätte bei weitem nicht die
Ausmaße angenommen, die sich uns nun
darstellen.
Wie
auch für die Gesamtheit der Wirtschaftskrise
(und damit beziehe ich mich nicht allein auf
Europa) gilt auch für das griechische Problem
in erster Linie dies als Hauptursache:
Der
perverse Trieb aus nichts Geld zu machen und dies
immer weiter aufzuschaukeln.
Eine
geordnete Insolvenz für Griechenland
würde erstmals eine massive Beteiligung
privater Spekulanten und Banken erzwingen, schreibt
Otte. Statt die Athener Regierung weiter den
Schuldenberg hinaufzutreiben, solle ein Teil der
griechischen Schulden gestrichen werden. Das Land
müsse dann aus dem Euro aussteigen und
könne mit einer wesentlich schwächeren
Währung und ohne Schulden eine Sanierung
seiner Wirtschaft versuchen. Einen ähnlichen
Kurs schlugen in der Vergangenheit bereits etliche
Staaten Lateinamerikas ein, zuletzt Argentinien
2001.
Den
Euro als Gemeinschaftswährung sieht der
Ökonom zudem als von Grund auf problematisch
an: "Der Euro hat Europa nicht zusammengebracht,
sondern gespalten", schreibt er. Die von
Deutschland und anderen Nordländern
garantierten billigen Kredite hätten in den
PIGS-Staaten (Portugal, Irland, Griechenland und
Spanien) zu einer fantastischen Spekulationsblase
von fehlgeleiteten Immobilieninvestitionen und
ungedeckten Konsumschulden geführt.
Als
Ursache für die skizzierte Fehlentwicklung
sieht der Autor die "Finanzoligarchie" aus
Investmentbanken, Hedgefonds und Ratingagenturen.
Diese "dominierende zivile Weltmacht" hätte
Verbindungen in die höchsten Kreise der
Politik und in den vergangenen Jahrzehnten
Bedingungen für die persönliche
Bereicherung ihrer Führungsfiguren auf Kosten
der Allgemeinheit geschaffen. Otte, der unter
anderem an der Universität Graz lehrt, nennt
in seinem Buch einige Indizien
dafür.
Der
Weg aus der aktuellen Krise führe nur
über Reformen, wie sie teils bereits nach der
Weltwirtschaftskrise 1929 gesetzt worden seien.
Dazu zähle die neuerliche Trennung von
Geschäfts- und Investmentbanken, die
Erhöhung der Eigenkapitaldecke von Banken,
sowie die Schaffung staatlicher Rating-Agenturen
und die Einführung einer
Finanztransaktionssteuer, wie sie auch von
Österreich gefordert wird.
Denn,
so der Tenor des Buches, immer neue Rettungspakete,
die unter "Alarmsirenengeheul" als "Notfall" und
ohne Zustimmung der nationalen Parlamente
durchgedrückt werden, und die Steuerzahler
Billionen Euro kosteten, seien nicht weniger als
eine Aushöhlung der Demokratie.
Ob
er vielleicht deshalb so umstritten ist, der Autor
dieser vorliegenden kurzen Streitschrift, weil er
den Regierenden und Mächtigen so
unverblümt den Spiegel vor hält? Max Otte
meldet sich oft zu Wort. Schon 1998 hatte er die
Anfälligkeit des Euro kritisiert und sein Buch
"Der Crash kommt" wurde besonders nach dem Crash,
den er schon 2006 punktgenau vorausgesagt hatte, zu
einem wahren Bestseller.
In
der Hauptthese der vorliegenden Streitschrift
"Stoppt das Euro-Desaster" sagt Otte, dass es nicht
die Griechen, die Iren oder die Portugiesen seien,
die den Euro an den Abgrund gefahren hätten,
sondern die Banken und Finanzdienstleister, die nur
an ihren Gewinn denken, der durch waghalsige
Spekulationen natürlich steigt. Die Politiker
spielen dieses Spiel mit, bieten keinen Einhalt. Im
Gegenteil, sie retten ins Schleudern geratene
Banken mit Steuergeldern. Die Gewinne der Banken
und die Gehälter und Boni ihrer Manager und
Broker sind nach der Krise höher als je zuvor.
Schneller und erfolgreicher ist bisher kaum einmal
in der Geschichte umverteilt worden.
Max
Otte fordert ein sofortiges Umdenken, eine neue
Finanzmarktordnung und Regeln, an die sich jeder
halten muss:
o
Feste Mindestkapitalanforderungen für alle
Finanzakteure
o
Größenbegrenzungen für
Finanzdienstleister
o
Trennung von Geschäfts- und
Investmentbanking
o
Einführung einer
Finanztransaktionssteuer
o
Gründung einer europäischen
Ratingagentur im Rahmen der EZB
Dem
privaten Anleger rät er, sein Geld zu einer
genossenschaftlichen Bank zu schaffen und in Aktien
solider deutscher und europäischer Unternehmen
investieren. "Werden Sie
Volkskapitalist'".
Oder
geben Sie ab einer Größenordnung von
etwa 50.000 Euro Ihr Geld an Otte selbst, der, bei
einer Provision von 1,5 %, einen eigenen, seit
Jahren sehr erfolgreichen Fonds betreut.
Otte,
Wissenschaftler und erfolgreicher Fondsmanager
zugleich, kann dabei immerhin für sich den
Anspruch erheben, früher als viele andere
Ökonomen vor der Krise unseres Finanzsystems
laut und deutlich gewarnt zu haben. Für Otte
stehen angesichts der milliardenschweren
Rettungspakete und Schutzschirme in Europa die
Schuldigen fest: die Banken!
"Unser
Geld geht nicht nach Griechenland, Irland oder
Portugal - nein, es fließt wieder an die
Banken, die sich ein weiteres Mal verzockt haben,
diesmal mit griechischen Anleihen. Fakt ist: Es
gibt überhaupt keine Euro-Krise. Wir stehen
mitten in einer neuen Bankenkrise. Nutznießer
sind wieder einmal Investmentbanken und
Superreiche."
"Wir
müssen die Herrschaft der Finanzoligarchie
beenden. Warten wir nicht länger", lautet
deshalb auch sein Fazit. Gemeint sind damit Goldman
Sachs und Kollegen in England und Amerika und in
Deutschland vor allem: die Deutsche Bank. Gemeint
ist damit aber auch eine Politik, die es den
Finanzmärkten in der Vergangenheit bis heute
zu einfach gemacht habe, wie Max Otte
kritisiert:
"Ein
Schuldenschnitt für Griechenland und die
defizitären Südländer und damit eine
Beteiligung der Banken und großer
Kapitalvermögen an der Behebung des
selbstangerichteten Schadens sind
unumgänglich, wenn unser Finanzsystem gesunden
soll."
Und
Otte fordert noch mehr: Griechenland, Irland,
Portugal und Spanien sollten notfalls auch aus der
Eurozone entlassen werden können.
"Noch
heute verzichten viele Mitglieder der
Europäischen Union auf den Euro, zum Beispiel
Schweden, Dänemark, Polen und die Tschechische
Republik. Und sie fahren gut damit."
Was
Europa deshalb in Zukunft vielmehr brauche, seien
rigide Finanzmarktreformen: Mehr Eigenkapital bei
Banken, eine europäische Ratingagentur und
eine Finanztransaktionssteuer. Das alles findet
sich bei Norbert Walter nicht so klar
ausgesprochen. Wie könnte es auch anders sein.
Norbert Walter ist als ehemaliger Chefvolkswirt der
Deutschen Bank ja geradezu Teil des Systems, dass
Otte für die Ursache der Krise hält.
Deshalb steht für Walter auch fest, dass wir
es bei der Krise nicht allein mit einem
Marktversagen zu tun haben, sondern auch mit einem
Staatsversagen. Er schreibt:
"Es
ist jedoch offenkundig, dass mangelnde Sorgfalt bei
der makroökonomischen Steuerung, also bei der
Geld- und Finanzpolitik, vorlag und dass es an
Klugheit bei der staatlichen Regulierung der
Finanzmärkte fehlte. Es gab sowohl Markt- als
auch Staatsversagen zu beobachten."
Erstaunlicherweise
treffen sich aber beide Ökonomen in einem
Punkt:
"Wir
müssen 'Die hohe Kunst der Umschuldung' wieder
erlernen, aufbauend auch auf den Erfahrungen der
lateinamerikanischen Schuldenkrise in den achtziger
Jahren."
meinen sowohl Walter als auch Otte, um jenseits
eines Staatsbankrotts auch Gläubiger wieder an
den Risiken zu beteiligen.
Das
Buch "Stoppt das Euro-Desaster" ist 2011 im
Ullstein Verlag erschienen, umfasst 48 Seiten und
ist im Buchhandel unter der ISBN 978-3-550-08896-4
um EUR 4,20 erhältlich.
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