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Ápárd
Pusztai ist Biochemiker, den man vor
gut zehn Jahren öffentlich durch den
Dreck gezogen hat, weil er es wagte, die
Sicherheit von gentechnisch
veränderten Nahrungsmitteln infrage
zu stellen.
Am schlimmsten für ihn war die
Erkenntnis, dass viele Wissenschaftler
sich nicht der Wissenschaft verpflichtet
fühlen. Als Handlager der Industrie
veröffentlichen sie fadenscheinige
Studien. Sei es aus Geldgier, sei es aus
Angst.
Der
Film von Bertram Verhaag trägt den
Untertitel "Gentechnik im Magnetfeld des
Geldes" und es geht genau um
Letzteres.
Wie stark ist der Einfluss der Wirtschaft
auf die Wissenschaft ? Können wir
noch von Unabhängigkeit sprechen ?
Dass der Münchner Dokumentarfilmer
die Genforschung herausgepickt, kommt
natürlich nicht von irgendwo. Immer
wieder geht es in seiner Arbeit um
Landwirte, Bürgerrechtler und
Wissenschaftler, die den Versprechungen
der Chemie-Multis nicht trauen. Gentechnik
stoppt nicht den Hunger in der Welt,
erleichtert nicht die Arbeit auf dem Feld
und spart nicht Spritzmittel ein.
Gentechnik steigert den Umsatz der
Konzerne und stürzt Bauern in eine
tiefe Abhängigkeit. Wissenschaftlern
ergeht es angeblich genauso. Wer aufmuckt
gefährdet seine Karriere.
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In
seinen letzten Jahren am Rowett Research Institute
in Aberdeen wollte Pusztai herausfinden, ob
gentechnisch veränderte Lebensmittel Einfluss
auf die Gesundheit haben.
"Es gab dazu keine Veröffentlichungen", sagt
der Biochemiker, "obwohl wir das alle schon
aßen". Er verfütterte gentechnisch
veränderte Kartoffeln an Ratten, später
tötete, sezierte und verglich er die Tiere mit
einer Kontrollgruppe. Das Ergebnis:
größerer Darm, kleinere Nieren - nur
zwei von insgesamt 36 Unterschieden. Das
bezeichnende daran war, dass er 3 Gruppen
hatte:
1.
Ratten, die mit Kartoffeln gefüttert
wurden.
2. Ratten, die mit Kartoffeln und dem Pestizid
gefüttert wurden, das durch die gentechnische
Veränderung den Kartoffeln beigefügt
werden sollte.
3. Ratten, denen das fertige Gentec-Produkt
verabreicht wurde.
Nur
die 3. wiesen signifikante Schädigungen auf.
Am
Institut wurde er gefeiert wie ein Held, in einer
Sendung des britischen Senders Channel 4 sollte er
die Öffentlichkeit darüber
informieren.
150 Sekunden mit zwei zentralen Botschaften: "Ich
würde gentechnisch veränderte
Nahrungsmittel nicht essen" und "Es ist unfair,
Mitbürger als Versuchskaninchen zu
benutzen".
Zwei
Tage später dann das Aus. Angeblich klingelte
das Ministerium des damaligen Premierministers Tony
Blair bei Rowett-Direktor Philip James durch.
Pusztai musste gehen, seine Ergebnisse wurden
dementiert, er habe voreilige Schlüsse
gezogen, Versuchsdaten vertauscht,
erfunden.
Wer
sich an den Fall erinnert, weiß: unumstritten
ist Pusztai nicht. Was wusste der Institutsleiter
von den Versuchen? Hat er zu dem Fernsehinterview
wirklich ja gesagt? Angeblich kassierte James
Forschungsgelder von Gentechnikkonzern Monsanto.
Auch
andere kommen im dem Film zu Wort. Ignacio Chapela,
Opfer einer virtuellen Hetzkampagne, die den
kritischen Mikrobiologen und Berkeley-Professor als
unseriösen Aktivisten diffamierte - angeblich
im Auftrag der Industrie. Außerdem Andrew
Kimbrell. Der Leiter des Center of Food Safety in
Washington durchforstete 60.000 Dokumente, die
belegen, dass die
Arzneimittelzulassungsbehörde FDA trotz
Bedenken immer wieder grünes Licht für
gentechnisch veränderte Nahrungsmittel
erteilte. Wissenschaftsjournalist Jeffrey Smith,
der ebenfalls bestätigt, wie schlapp die
Kontrollen sind und wie schwierig es für
unabhängige Forscher ist, sich selbst eine
Meinung zu bilden. So gibt Monsanto seinen Gen-Mais
nicht für Studienzwecke frei und auch die
Stammlinie, die noch unveränderte Pflanze,
bleibt unter Verschluss.
Beispielsweise
an folgenden Situationen macht der Filmemacher
seine Aussagen fest: Maisfelder in Mexiko - trotz
striktem Anbauverbot haben sich dort
genveränderte Sorten verbreitet.
Sojafelder in Brasilien - Gen-Pflanzen werden von
Unkraut überwuchert, resistent gegen das
Breitbandherbizid Roundup.
Die
Worte von Pusztai hallen nach: "Tiere, die mit
Gen-Nahrung gefüttert wurden, zeigen
beachtliche physiologische Veränderungen. Wenn
Sie dieses Tier essen, werden Sie also ein Tier
essen, das bereits in ein anderes Tier verwandelt
wurde. Und dazu gibt es keine Risikountersuchung."
Nicht unwichtig zu wissen: Pusztais Ergebnisse
wurden inzwischen von 23 internationalen
Wissenschaftern bestätigt. Er hatte
Recht.
Neben
den Aufdeckungen bezüglich der Gen-Industrie
zeigt der Film auch noch eine Universität,
deren Handlungsweise Schlimmes für die
Wissenschaft und Forschung der Zukunft erahnen
lässt. Konzerne finanzieren die Forschung und
die Ausbildung künftiger Wissenschafter - soll
heißen kaufen bis dahin staatliche / freie
Universitäten - mit dem Ziel, dass nur noch
Themen und Forschungsergebnisse publiziert werden,
die wirtschaftlich passen.
(Bei
der Wirtschaftsuniversität Wien ist dies schon
vor zwanzig Jahren nichts
Außergewöhnliches gewesen,
Anm.d.Red.)
Aussagen
von Wissenschaftlern selbst belegen, dass 95% der
Forscher im Bereich Gentechnik von der Industrie
bezahlt werden. Nur 5% der Forscher sind
unabhängig.
Und
so erscheint folgendes Szenario immer realer:
Wir forschen so lange, bis das Ergebnis stimmt
!
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