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G E R D ' s

E L E V E N T Y

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Einbahnsackgasse

Johannes Wort des Monats

© ich

Auf dieses Wort, das den absoluten Schrecken aller Autofahrer beinhalten muss, kam ich in Prag, wo ich ein interessantes Verkehrszeichen sah; es war ein T, bei dem der obere Balken eine rote Linie enthielt. Ich fragte mich, ob das eine Sackgasse oder was auch immer bedeuten könnte; irgendwie kam ich dabei auf den haarsträubenden Einfall, was geschehen würde, wenn Sackgasse und Einbahn zusammenfielen. Na ja - zunächst einmal wäre das sicherlich entsetzlich ärgerlich für alle Autofahrer, da sie ja quasi gezwungen würden, gegen die Verkehrsregeln zu verstoßen. Außerdem würde der Staat von den Strafen ziemlich viel Geld einnehmen können (weswegen das hier wohl besser nicht bis ins Verkehrsministerium dringen sollte).

Andererseits gibt es dergleichen Phänomene durchaus, nämlich im Weltall. Es heißt Schwarze Löcher. Ein schwarzes Loch ist ein kleines Klümpchen Masse - es ist winzig, sozusagen punktförmig klein, aber unglaublich schwer. Es enthält die mehrfache Masse unserer Sonne. Diese enorme Gravitation bedingt, dass alles, was dem Loch zu nahe kommt, angezogen wird und nie wieder herauskommen kann, wodurch es natürlich die Masse weiterhin vergrößert.

Und dummerweise gibt es dergleichen Phänomene auch im Leben. Beispiel Energieverbrauch: Noch nie, überhaupt nie, ist es irgendwo tatsächlich gelungen, diesen zu reduzieren. Es geht nur in eine Richtung, wie sich gesellschaftliche Entwicklungen überhaupt nur nach vorne bewegen können, mögen sie dabei auch in eine Sackgasse geraten. Dann kommt es meist zu schlimmeren Krisen, wie es so schön heißt.

Am schönsten lässt sich dieses Prinzip mit Parteichefs demonstrieren. Aus unerfindlichen Gründen wirkt jemand, der einen Fehler einsieht, nicht klug, sondern schwach. Und da dumm zu wirken erträglicher zu sein scheint als schwach zu wirken, wird darauf verzichtet. (Was theoretisch dazu führt, dass wir von dummen starken Männern regiert werden. Wir sollten Wickie rufen. Was Frauen angeht, gilt traurigerweise das Gleiche.) Also: Vertritt ein Parteichef eine Meinung, dann muss er dabei bleiben. Führt sein Kurs auch in den Untergang, und selbst wenn er weiß, dass er so nicht davonkommen wird, bleibt ihm nur übrig, standhaft zu bleiben und zu hoffen, dass er den Sturm irgendwie überstehen wird. Falls nicht, kommt der Nächste dran und darf das Spiel von vorne anfangen. Diesem Prinzip sind schon so einige Politiker zum Opfer gefallen, da sie einen eingeschlagenen Kurs offenbar nicht korrigieren dürfen; das würde ja so aussehen, als hätten sie nachgedacht, alles gründlich abgewogen und Fehler korrigiert. Aber Fehler dürfen ihnen nicht passieren, und wenn, dann dürfen sie es nicht zugeben.

Diese ganze Strategie ist auch so eine Einbahnsackgasse, ehrlich gesagt. Denn, seien wir uns ehrlich, wer von uns freut sich, wenn Politiker eigene, sogar offensichtliche Fehler leugnen ? Wer hält sie für stark und groß, wenn sie konsequent blind eigenen Schwächen gegenüber bleiben ? So fördert man leider nur Politikverdrossenheit, nicht das eigene Ansehen im Volk. Andererseits verstehe ich sowieso nicht, wie man das Bauchgefühl der Wähler anspricht, also wird die Strategie schon ihre Berechtigung haben. Auch wenn sie auf lange Sicht nicht gut gehen kann. Den Blick für lange Sicht haben wir auch schon aufgegeben; welche Partei spricht schon davon, wie sie die Welt in zweihundert Jahren gestaltet haben will. Auch wenn wir es nicht glauben wollen, wir haben Zeit; wir leben in Sicherheit und könnten es uns leisten, nicht allzu sehr zu hetzen. Aber daran denken wir nicht mehr.

PS: In einem schönen chinesischen Spruch heißt es: Einen Fehler zu machen und ihn nicht zu korrigieren, erst das heißt einen Fehler zu machen.

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