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G E R D ' s

E L E V E N T Y

L E I C H T G R Ü N

Die letzte Chance

Thomas Buchtipp

Als Abdullah II. aufwuchs, hatte sich die Welt mit radikalen Palästinensern auseinander zu setzen. Als Achtjähriger erlebt oder hört er aus Erzählungen, wie bewaffnete Freischärler seinem Vater ans Leder wollen - im Schwarzen September 1970. Anders als in den westlichen Bürger-Monarchien stehen die kindlichen Spiele in einem arabischen Königshaus unter ernsteren Vorzeichen. Als Abdullah nach seiner Ausbildung im jordanischen Militär aktiv war, begleiteten ihn solche Gefahren indirekt. Als König Hussein schwer erkrankte, hatte es schon 18 nachgewiesene Attentatsversuche auf ihn gegeben.

Ausführlich beschreibt der Monarch jene turbulenten Tage, da sich der inzwischen todkranke Vater entschloss, nicht Kronprinz Hasan ibn Talal, der viele Jahrzehnte als natürlicher Nachfolger auf dem Haschemiten-Thron gegolten hatte, zum Nachfolger zu machen, sondern ihn, seinen ältesten Sohn. Hasan ist Abdullahs Onkel. Wie sehr das Interesse an einem Zusammenhalt der Dynastie damals zu Buche schlug, wurde deutlich, als der übergangene Hasan die Loyalität zum neuen Kronprinzen und Monarchen über alles stellte. So jedenfalls beschreibt es der König. Es war gewissen Leuten nicht gelungen, durch Intrigen die verwandtschaftlichen Verhältnisse und Bande zu zerstören. Abdullah bewegt sich nun seit elf Jahren, wie er schreibt, "in den Fußstapfen einer Legende", doch scheint er nicht unter der Figur des Vaters zu leiden.

Die friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, der sich schon sein 1999 verstorbener Vater König Hussein verschrieben hatte, ist Kernthema dieses hochaktuellen Buches, obwohl es noch vor Ausbruch der arabischen Revolutionen geschrieben wurde. Den Nahostkonflikt gilt es mit allen gebotenen Mitteln friedlich und zum Wohle aller zu lösen. Dann werde auch den meisten islamischen Extremisten der Nährboden entzogen, schreibt der 49-jährige Abdullah II. Er versteht sich als Vermittler zwischen Orient und Okzident, als Repräsentant eines Islams, der auf "Gerechtigkeit, Gleichheit und Anstand" fußt, wie er schreibt. Seine Vision ist die eines israelisch-palästinensisch-jordanischen Wirtschaftszentrums nach Vorbild der Beneluxländer. Es ist ein kühner Traum für die Zukunft.

König Abdullahs II. Königreich liegt in einer Region, die er selbst als "ruppige Nachbarschaft" beschreibt. Seine Abstammung führt er auf den Propheten Mohammed zurück und seine Ausbildung hat er in den besten Schulen Englands und Amerikas genossen. Als Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern versucht er einen Balanceakt, dessen Scheitern auch sein Land mit in den Abgrund ziehen könnte. Abdullah II., seit elf Jahren König von Jordanien, steht vor schwierigen Aufgaben. Erstmals äußert sich das amtierende Staatsoberhaupt nun ausführlich über sein Leben, seine Familie, die Geschichte seines Landes und über seine politischen Vorstellungen. Abdullah II. warnt eindringlich vor der Eskalation der Gewalt, sollte es nicht bald zu einer ernst gemeinten Annäherung der völlig zerstrittenen Parteien im Nahostkonflikt kommen. Wichtig ist dem Regenten die Balance zwischen Islamgläubigkeit und Aufgeschlossenheit für die Moderne - die prononciert islamische Opposition wird im Land ausdrücklich geduldet, dadurch aber auch in Schach zu halten versucht. Die Skepsis, mit der König Abdullah II. die Chancen für den Frieden im Nahen Osten betrachtet, spricht schon aus dem Titel.

Israel sieht er gegenwärtig als Festung. Zum Zeitpunkt, da dieses Buch erscheint, ist Arabien im Aufruhr.
Auch der König muss sich mit Demonstranten auseinandersetzen. Man wüsste gerne, was er über diesen Aufbruch denkt.

 

"Die letzte Chance" ist am 8. März 2011 bei der Deutschen Verlags-Anstalt, München,

unter der ISBN-13 9783421044600 erschienen, umfasst 447 Seiten und ist um 23,70 EUR im österreichischen Buchhandel erhältlich.

Anm.d.Red.: "Abdullah" ist arabisch und heißt "Diener (des einen) Gottes".

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