Eleventy.at - Verein - Produkte - Völker - Zeitung: Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern

G E R D ' s

E L E V E N T Y

K U P F E R G R Ü N

Herunterfalle

Johannes Wort des Monats

© ich, schon wieder.

Wie genau das Wort entstand, weiß ich selber nicht mehr so ganz. Ich weiß noch, dass ich mit Wörtern spielte und mir dann etwas hinunterfiel, woraufhin ich es als eine Herunterfalle bezeichnete - eine "Falle" im Sinne von etwas, das fällt; analog wäre einer "Herunterrolle", wenn etwas herunterrollt.

 

Verblüffenderweise ergibt dieses Wort aber durchaus einen gewissen Sinn, wenngleich nicht in der ursprünglich vergebenen Bedeutung, nämlich dann, wenn die "Falle" im üblichen Wortsinn verwendet wird. Dann wird das ganze nämlich schon dramatischer.

Die dramatischste Möglichkeit ist natürlich das Heruntersteigen von einem hohen Berg - das kann sich tatsächlich zu einer Herunter-Falle entwickeln, denn der Abstieg ist um nichts ungefährlicher als der Aufstieg und ebenso anstrengend - allerdings hat man zu diesem Zeitpunkt den Aufstieg schon hinter sich und ist demzufolge ganz schön müde.

(Nebenbei: Nein, ein Berg wird nicht bezwungen, er fordert auch nicht ein Opfer, genauso wenig triumphiert er oder ruft. Er tut nichts, denn er ist eine riesige Masse Gestein, die herumliegt. Es berührt ihn überhaupt nicht, ob jemand auf ihm herumklettert, den Gipfel erreicht oder nicht. Wer herunterfällt, ist kein Opfer des Berges, sondern eben schlicht und ergreifend heruntergefallen. Nichtsdestoweniger bleibt so etwas eine Tragödie.)

Weniger lebensgefährlich, aber ebenso dramatisch ist die Herunterfalle im Sozialleben. Hier gilt nämlich, dass Abstieg leicht möglich ist, Aufstieg aber nicht. Sollte man sich also zu sehr ausruhen, kann man leicht absteigen, ohne es zu merken. Interessant ist, dass dies vor allem relativ gilt - man betrete als hochrangiger Mensch, sagen wir, als Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt eine Versammlung von Präsidenten - und schon ist man sehr unbedeutend. Besonders gefährlich ist so etwas natürlich für Adelige, zumindest aus ihrer eigenen Perspektive, denn sie vermeinen ja höher zu stehen als andere Menschen.

Am besten zu beobachten ist dies Phänomen bei Politikern. Ein Politiker kann Karriere nur hinauf machen; sollte er den höchsten Punkt erreicht haben, kann er nur noch fallen. Dann fällt er tief. Fast nie hat ein ehemaliger Bundeskanzler dann den Vizekanzler abgegeben oder so. Er verschwindet dann einfach als Auch-Abgeordneter und Parteimitglied in den Club. Alle erwarten, er möge sich aufs Altenteil begeben und die Klappe halten.

Bei anderen Politikern und -innen (das gibt es ja zum Glück auch schon) zeigte sich auch eine gewisse Tendenz, von jetzt an in der Privatwirtschaft zu arbeiten, vorzugsweise auf wohl dotierten Posten, als Lobbyist oder Berater für das Unternehmen. Was sie wirklich tun, weiß ich nicht; ich denke, ich möchte es auch gar nicht wissen. Jedenfalls haftet ihnen ein Verlierer-Ruf an; einmal von dem ewigen Weg nach oben abgekommen, ist man - oder: hat es zu sein - endgültig weg. Eigenartigerweise. Natürlich kann man auch nach oben wegbefördert werden, aber was Macht und Ansehen betrifft, bleibt man unten durch.

Eleventy.at - Verein - Produkte - Völker - Zeitung: Ausgaben - Themen - Titel - zurückblättern - weiterblättern