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G E R D ' s

E L E V E N T Y

S I M O N E . W E I L

Zur Ausgabe

Diese Ausgabe erfolgt in Papierform, weil dieses mal ein Büchlein von Simone Weil dabei ist.
Von dieser Ausgabe wurden 26 Exemplare an die der Redaktion bekannten Adressen, bzw. Personen versendet, bzw. persönlich überreicht. Dies geschah in Verbindung mit einem familären Weihnachtsgruß von mir mit einer Karte von Markus. Nun ein paar Worte dazu, welche im Brief zur Ausgabe zum Büchlein beigelegt wurden.

 

In meinen Zeitungen wollte ich nie, selbst wahre und lichte Aussagen, bloß abschreiben.

Ich wollte und will sie selbst erleben, erfahren und daraus meine eigene Schlüsse ziehen - auch wenn das mühevoller ist, als sie einfach nur zu „glauben“. Selbst im Glauben und Gottvertrauen zieht es mich zu den Erfahrungen hin. Ich muss Aussagen nachvollziehen können, gleich ob aus der christliche Theologie oder aus der Scharia des Islams.
Deshalb auch gebe ich seit 1986 eine eigene Zeitung für die Familie unserer Freundschaft heraus.

Ich sage euch, es lohnt sich in jedem Fall. Da gewinnst Du Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse, welche Du zuvor nicht für möglich gehalten hättest. Du gewinnst Einblicke in die Schönheit des Anderen, wovor Du zunächst Angst und Ohnmachtsgefühle hattest.

Und Du erkennst, wo die Probleme wirklich liegen, und dass sie zum Beispiel nicht durch die kollektive Leidenschaft der Populisten lösbar sind. Denken wir uns die Verführungen der Populisten zu Ende, so finden wir uns im Bürgerkrieg wieder. Zuviel hat jede von uns zu verlieren, nicht nur Materielles, sondern auch den Blick auf sich selbst, ohne es je entdeckt zu haben.

Darauf kommt es (mir) nämlich an: Dass sich jede selbst entdeckt und ergreift.

Denn jede ist etwas Besonderes, wenn sie das Besondere in sich entdeckt, aufgreift und es pflegt.

Die Politik und Gesellschaft lenkt unsere Aufmerksamkeit von uns selbst ab, denn wenn wir auch nach der gewohnten Tradition leben wollen, jede wird sie für sich leben und jenes, was ihr Leben lebens-wert macht selbst entdecken.

Das Wahre könnte durch jede hindurchfließen. Das gilt auch für die Demokratie, Menschenrechte, soziale Marktwirtschaft und all die bislang durch traditionelle Autoriäten und Kapazitäten vermittelten Werte. Gehen wir von der Annahme aus, dass wir in Zukunft Aussagen und Impulse nicht bloß reproduzierend nachvollziehen, sondern Kultur selbst schaffen - jede aus sich heraus, und uns darin abstimmen -, benötigen wir andere Organisationsformen und andere politische Foren, als die gegenwärtige Landschaft.

Buch und Buchtipp in einem

Wenige Monate vor ihrem Tod (1943) schreibt die französische Philosophin und politische Aktivistin Simone Weil ein Traktat, in welchen sie das System der politischen Parteien in den westlichen Gesellschaften durchleuchtet. In ihm sieht sie das Grundübel der Menschheit am Werke - die Selbstvergötzung der Ideologien, welche zu Tyrannei, Entmündigung der Einzelnen und Unterdrückung von Andersdenkenden führe.

66 Jahre später und zugleich zu ihrem hundertsten Geburtstag, erscheint das kleine Werk nun erstmals in deutscher Sprache.

Simone Weil stellt darin folgende Grundfragen:

Wie ist es um die Möglichkeit eines jeden Einzelnen bestellt, sein Urteil über Probleme des öffentlichen Lebens kundzutun ?
Wie lässt sich verhindern, dass in dem Moment, da das Volk befragt wird, dies im Klima kollektiver Leidenschaft geschieht ?
Unmöglich, von demokratisch-republikanischer Legitimität zu sprechen, wenn diese beiden Fragen nicht berücksichtigt sind.

Offenkundig ist zunächst: eine Lösung muss von der allgemeinen Abschaffung der politischen Parteien ausgehen. Simone Weils Plädoyer für eine generelle Abschaffung der Parteien reicht in seiner Unbedingtheit weit über den Kontext seiner Entstehung hinaus und ist für das Wahljahr in Deutschland 2009, sowie angesichts dem politischen Filz in der Hypo Adria Bank Krise in meiner weltlichen Heimat von besonderer Aktualität, obwohl letzteres nicht der Beweggrund, sondern nur eine der vielen alltäglichen Bestätigungen für meinen eigentlichen Beweggrund dieser Ausgabe war.

 

Dieses mal erscheint in unserer „Gerd's Eleventy“ (in Papierform) das Buch zum Tipp selbst, als Beitrag zu unserem Weg zur Zivilgesellschaft, in welcher es dem konkreten Menschen - der Einzelnen - möglich wird, sich selbst gestaltend einzubringen und sich darin mit anderen zusammen zu tun.

Simone Weil wurde am 3. Februar 1909 in Paris geboren. Nach ihrem Studium an der Ecole Normale Superieure arbeitete sie als Philosophielehrerin in der Provinz und engagierte sich als Gewerkschafterin. Zwei Jahre lang war sie als Fabrikarbeiterin und Landarbeiterin tätig. 1936 meldete sie sich als Freiwillige der anarchistischen Miliz im Spanischen Bürgerkrieg. Zugleich beschäftigte sie sich intensiv mit Fragen religiöser Mystik. Sie verließ Europa, kehrte aber 1942 aus dem sicheren New Yorker Exil zurück, um sich in London der Resistance-Organisation "France Libre" anzuschließen und plante noch, sich freiwillig als Krankenschwester an die Front zu melden. An den Folgen von Unterernährung, Tuberkulose und Lungenentzündung starb sie mit nur 34 Jahren am 24. August 1943.

Die Eleventy als Jahreszeit

Dieser Beitrag geht über den Buchtipp hinaus und kann als Übung zum Einfühlen in den Charakater der Jahreszeit vom Advent bis zum Fasching herangezogen werden. Es ist mein Beispiel für Begegnungen und Erfahrungen im Zuge der Entwicklung meiner eigenen Kultur - als Beitrag zu unserer gemeinsamen Kultur. Denn jede von uns ist Tragende ihrer eigenen, und dann auch unserer Kultur in den Begegnungen und im Zusammenkommen untereinander. Von außen kommen Anregungen, doch gewinnen wir im Inneren - und unsere Kultur lebt durch das Einbringen jeder Einzelnen.

 

Gehen wir davon aus, dass das neue Jahr mit seiner geistigen Vorbereitung - der Adventszeit - anfängt, so steht am Beginn eines neuen Zyklus das Tierkreiszeichen des Schützen. Dies ist insofern stimmig, da die Zeit des Absterbens vom alten Jahr gerade zu Ende gegangen ist.

Bildlich gesehen ist das wie eine Gestalt oder Person, die das Alte losgelassen hat und ihren neuen Einfall noch nicht erhalten hat. Die Person ist nun auf Reisen und gewissermaßen in einen Schwebezustand im Himmel zwischen den Welten. Sie kehrt zum Wesentlichen zurück und begeht dabei ihren persönlichen Advent in ihrem Inneren. Diese Übung der bewussten Wahrnehmung und dann des Einfühlens in die spätherbstliche Jahreszeit um uns herum kann jeder mal um den ersten Advent probieren und das Erlebte mit dem Beginn des Kirchenjahres und dem ersten kleinen Licht am Adventkranz in Verbindung bringen.

Für mich ist das ein bisschen eine „Feenzeit“, auf welche sich der Artikel „Glaube, Vertrauen und Feenglanz“ in der Ausgabe „Tiefweiß 2009“ bezieht. Und ist da nicht auch die Welt empfänglich für den Ein-Fall des Wesentlichen für einen neuen Zyklus, gleich wie etwa die Maria für unseren Heiland, unseren Retter vor dem Abgrund des Tiefstandes, unseren Neubeginn im Wiederaufsteigen aus unserem Tiefpunkt ... ? Gleich wie die Sonne um uns wiederaufsteigt und die Tage wieder länger werden.

 

Interessant dabei ist, dass sich in der Reisezeit das äußere Licht noch zurücknimmt, die Tage immer noch kürzer werden. Es zeugt doch von einer unerschütterlichen Hoffnung, angesichts der immer noch zunehmenden Finsternis weiter loszuslassen und sich auf das (noch) Ungewisse des Entgegenkommenden einzulassen. Kommt da wer entgegen ? In jenen Reisen, im Dazwischen des gestorbenen Alten und der Idee vom Neuen (die ich ja noch nicht erhalten habe) kann ich nur noch glauben und vertrauen.

Aber nicht, weil es hier geschrieben steht, oder mir eine Kapazität oder Autorität dies so vorgibt, sondern doch nur, wenn ich es selbst erlebe, in der Übung erfahren und nachvollziehen kann.

Für die anfänglich erwähnte Gestalt oder Person ist es eine Reise in ihr Inneres, die dabei mit „unserer aller Heimat“ Verbindung aufnimmt ...

*

Die Tage werden auf Grund der (erneuten) Begegnung mit dem Wesentlichen länger, gleich wie das erlebte Bild von der „Sonne um Mitternacht“ als Geschenk zur Befreiung aus einer Beklemmnis oder gar Depression.

Ist das Wesentliche gefunden, wirkt das wie ein Ein-Fall, der einem in dieser Feierlichkeit zu einer ernsten Stimmung verleitet. Jetzt habe ich wieder Boden unter den Füßen und arbeite in Dankbarkeit für das Erhaltene am Wissen wie es weiter gehen kann. Diese Zeit (des Tierkreiszeichens Steinbock) entspricht einer Konzipierung, in welcher die ideelle Tragfähigkeit und die geistigen Strukturen des Neuen entstehen. Das Neue kristalliert sich heraus ...

 

Zum Charakter der „Eleventy“ kam ich durch die darauf folgende Zeit des Faschings, worin mich die Februar-Stürme an das Brain-Storming von umzusetzenden Ideen erinnern. Das sind Phantasien des „Wie könnte es aussehen ?“ begonnen Neuen, das noch nicht in die äußere Welt gekommen ist. Das Verkleiden im Fasching, worüber im Volksmund auch vom „Winter austreiben“ gesprochen wird, entspricht den Vorstellungen von jenen Ideen, die einem selbst betreffen, von etwas, was noch verborgen in einem selbst steckt und auf das ich zur Zeit des Ein-Falls gekommen bin.

Was für unseren Verein „Eleventy“ bedeutet, haben wir schon beschrieben. Für mich ist es auch der Wortklang und die Ableitung aus der Elf, die als Narrenzahl gilt.

Nicht ohne Grund, denn diese Zeit des Faschings und der Visionen, worin wir uns mögliche Verkörperungen des Neuen ausdenken, ist genau das elfte Tierkreiszeichen eines Zyklus, dessen Beginn am Frühlingsanfang steht. (Es gibt freilich mehrere Sichtweisen, wann ein Jahr anfangen kann. Ich bin von jener des Kirchenjahres ausgegangen und bringe dies mit einer anderen Sicht, wonach das Jahr mit seinem Heraustreten aus dem Inneren in der äußere Welt beginnt, in Verbindung.)

Das Tierkreiszeichen Wassermann ist das elfte nach jenem Zyklus, worin der Beginn des Neuen in seinem Heraustreten aus dem inneren Verborgenen in die äußere Sichtbarkeit (das einer Geburt entspricht) verstanden wird. Die Übersetzung des volkstümlichen „11.11.“, der Tag, an dem der Fasching beginnen soll (quasi zweimal die Narrenzahl), in den Jahreskreis, weist auf den elften Tag des elften Tierkreiszeichens hin. Dies ist der 31.1., den ich persönlich als den „Eleventy-Day“ bezeichne.

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