|
|
Zur
Abwechslung habe ich mir diesmal ein
ziemlich humorvolles Buch für meinen
Tipp ausgesucht, wenn man bei der
Lektüre auch nicht den notwendigen
Ernst übersehen kann, mit dem der
Autor an sein Thema herangeht.
Der
Erscheinungstermin darf jedoch nicht so
verstanden werden, dass dieses Buch ebenso
dramatisch für die USA wären wie
andere Ereignisse, die mit diesem Datum in
Verbindung gebracht werden.
Es
ist eine ambivalente Liebeserklärung
an den Alltag in Amerika: Mit subtilem
Humor erzählt der Stern-Reporter
Michael Streck vom Leben in den Staaten
als deutsche Familie in 24
Originalzeichnungen eingefangen von
Kultcartoonist Til Mette.
Michael
Streck, Stern-Autor und USA-Kenner,
blickt zurück auf sieben
amerikanische Jahre mit seiner Familie:
auf die Wohnungssuche in New York und
andere Abenteuer des Alltags. Auf Reisen
zu berückend schönen Orten wie
Big Sur oder Hawaii - und auf die
Stromausfälle, die in Amerika so
sicher sind wie das Amen in der Kirche.
Auf Handwerker, die zu Stammgästen
wurden. Auf Ameisen, Streifenhörnchen
und sonstige Haustiere. Auf
Grillnachmittage mit den Nachbarn,
Wagenladungen voller Nachos und die
Unmöglichkeit, in Amerika echt gute
Schokolade zu bekommen. Auf Sex und
Prüderie, Sicherheitskontrollen,
politische Korrektheit und die
merkwürdigsten Verbote. Und auf den
absurden Versuch, den Führerschein zu
machen.
Es
folgen ein paar Leseproben, die einen
kleinen Vorgeschmack bieten sollen, aber
auch Höhepunkte des Buches
darstellen:
Im
Fernsehen funktioniert ständig alles
in Amerika: die Telefone, die Computer,
die Aufzüge, die U-Bahnen, die
Geschirrspüler, Waschmaschinen und
die Pistolen.
Das Fernsehen lügt.
In Wahrheit, außer im Fernsehen,
funktioniert in Amerika
verhältnismäßig wenig bis
auf die Pistolen.
Wenn
wir zuhause mit dem Handy telefonieren
wollen, müssen wir bei gutem Wetter
auf einen kleinen Hügel steigen, das
Gerät in die Höhe halten und
beten.
|
Überhaupt
kann körperliche Annäherung oder die
bloße Erwähnung bestimmter
Körperteile heillosen Ärger zur Folge
haben. Susan Patrons preisgekröntes Kinderbuch
The Higher Power of Lucky musste vor
zwei Jahren aus Tausenden von Schulbüchereien
verschwinden, weil in ihm das Gemächt eines
Hundes am Rande erwähnt wird.
Solche
Zensur empörte die ältere Tochter des
Hauses zutiefst, So what ? Die Eier eines
Hundes ?. Sie nahmen in der Schule gerade das
amerikanische Rechtssystem durch, und darin
vertiefte sie sich ausgiebig und beglückte uns
beim Abendessen fortan mit schönen und
zeitlosen Preziosen und Sottisen der
US-Justiz.
Wisst
ihr, dass Mickey Mouse in Texas nicht für ein
öffentliches Amt kandidieren darf ?
Wussten wir nicht.
Wisst ihr, dass man in Alaska kein Bier und
keinen Schnaps an Elche verkaufen darf ?
Wussten wir nicht.
Wisst ihr, dass Frösche in Memphis
für nächtliches Quaken verhaftet werden
können ? Wussten wir nicht.
Wisst ihr, dass in der Verfassung von New
Mexico steht, dass Idioten hier nicht wählen
dürfen ? Artikel sieben, Ehrenwort.
Wussten wir nicht. Es ist bei näherer
Betrachtung vielleicht das sinnvollste Gesetz im
Land.
Jetzt
klagen die Linken wie die Rechten, die Alten wie
die Jungen, die Frauen wie die Männer, weil
eine Gallone Treibstoff mehr als drei Dollar
kostet. Eine Gallone entspricht knapp vier Litern,
und Deutsche würden bei diesen Preisen in die
Luft gehen vor Freude. Amerikander gehen in die
Luft vor Wut. David klagte auch. Er hatte sich
einen Wagen der Marke GMC gekauft, ein Sports
Utility Vehicle oder kurz SUV, und die
größten von ihnen erinnern an kleinere
Eigenheime in Deutschland. Die hervorstechendste
Eigenschaft dieser rollenden Eigenheime ist, dass
sie Benzin nicht verbrauchen, sondern
vernichten.
[Reverend]
Denny [Pattyn] sprach über die Kraft
Gottes, aber er sprach noch mehr von
Geschlechtskrankheiten und neuen Viren und zitierte
aus dem Fachwerk Epidemic how teen sex
is killing our kids: Wer mit sechs
Personen Sex hat, ist statistisch betrachtet einer
63mal höheren Infektionsgefahr ausgesetzt.
Sex
macht krank, das war nun allen klar. Und wie.
Zumindest macht Sex vor der Ehe krank. Dann kam es
zum Schwur auf die Keuschheit. Aber erst durften
die Kids einen Silberring für 15 Dollar
kaufen, den sie von diesem Tag an tragen mussten
und erst ablegen für den Ehering.
... Mir
war übel, als ich die Kirche
verließ.
...
Creation
Museum
... Zum Erstaunen war ein Dinosaurier, ein
Triceratops, wie die ältere Tochter sofort
erkannte, gesattelt wie ein Pferd und eine
freundliche Dame gesetzten Alters erklärte den
europäischen Besuchern, dass Mensch und
Dinosaurier früher vor 6000 Jahren, als Gott
die Erde schuf, friedlich koexistierten und sich
der Mensch den Dinosaurier Untertan machte wie eben
auch Hund und Pferd.
... Die
ältere Tochter, gestählt durch
heidnischen Erdkund-Unterricht, fragte die
freundliche Dame, wie es möglich sei, dass
Menschen auf Reptilien reiten konnten, die doch vor
65 Millionen Jahren nach einem Meteoriteneinschlag
ausgestorben seien. Und die Dame sagte:
Siehst du, das ist der Fehler. Vor 65
Millionen Jahren gab es die Erde noch nicht.
... Viele
Menschen waren in diesem Museum und fotografierten
ihre Kinder vor dem gesattelten Saurier, aber man
kann nicht behaupten, dass der Ausflug nach
Kentucky die jüngere Tochter auf ihrem Weg zur
christlichen Reifeentscheidend nach vorn gebracht
hätte. Es war eher ein Schritt zurück in
die Steinzeit.
Spinnen
die? fragte sie im Auto, und die Frau des
Hauses sagte zögerlich: Nun ja:
Ja.
*
Stars
& Stripes und Streifenhörnchen ist am 11.
9. 2008 im Malik Verlag (=Verlagshaus Piper) unter
der ISBN: 3890293506 erschienen, umfasst 320 Seiten
und ist um € 20,50 im Buchhandel
erhältlich.
Viel Vergnügen !
|