(©
mein Vater)
Dieser
Ausdruck wurde von meinem Vater ganz bewusst selbst
konstruiert.
Er hat mir so gut gefallen, dass ich ihn zum Wort
des Monats (bzw. dieser Ausgabe) erhoben habe - und
zwar, weil er etwas sehr schön ausdrückt,
was mir selbst schon öfter untergekommen
ist.
Der
Mensch ist das einzige Lebewesen, dass seine
Sprache dazu verwenden kann, nicht
zu kommunizieren. Was sagt man aber, wenn man zwar
reden, aber nichts sagen möchte? Man
flüchtet am besten in Fachausdrücke oder
Umschreibungen. Der reale Inhalt der zur Verwendung
gebrachten Signifikanten tendiert bei dieser
Methodik zwar eher gegen Null, aber wen stört
das, es hat gescheit geklungen. Aus einem
unerfindlichen Grund denken wir - oder
schöner gesagt: Aus nicht
einsichtigen Motivationsgefügestörungen
resultiert unsere Tendenz der disproportionalen
Intelligenzästimation des Verwenders uns wenig
vertrauter Begriffe. (Wir glauben, dass Leute klug
sind, wenn sie klug reden können.)
Natürlich
sind Fachbegriffe etwas Gutes, ganz besonders im
Austausch mit Leuten vom selben Fach.
Beispielsweise gibt es für jede
Knochenstruktur einen lateinischen Begriff, den
jeder auf der Welt versteht - oder zumindest
nachschlagen kann, wenn dieser Jemand vom Fach ist.
Im Gespräch mit Nicht-Fachleuten jedoch ist
die Anwendung von Fachbegriffen schlicht und
ergreifend unfair, denn niemand wird verstehen, was
das heißen soll.
Und
sich dumm vorkommen.
Wenn also geantwortet werden muss, bleiben den
Gefragten immer noch die Möglichkeiten,
ehrlich die Aussage zu verweigern oder unehrlich.
Unehrlich geht so, dass eine Antwort gegeben wird,
die gar nichts aussagt, aber den Eindruck erweckt,
die Frage wäre beantwortet worden und man
selbst wäre nur zu blöd, das zu kapieren.
Tatsächlich wurde aber gar nichts gesagt, also
brauchen wir uns eigentlich gar nicht zu
schämen. Der transportierte Inhalt der Aussage
hängt ja mit dem Wort nicht näher
zusammen.
Ich sehe das Problem in der intentionellen
Reduktion der individuellen Rezipierbarkeit des
Formulierten (der absichtlichen Verringerung der
Möglichkeit, das Gesagte zu verstehen). Leute,
die so reden, wollen nicht verstanden werden,
sondern den Zuhörern zu verstehen geben, dass
sie klug sind, gut reden können und
womöglich überlegen sind. Das ist
schlicht und ergreifend sowohl ein schlechtes
Benehmen als auch eine bewusste Täuschung,
denn man wird nicht gescheiter, nur weil man
geschwollen reden kann. Die Komplexität des
Formulierten, insbesondere in Kombination mit der
Gesamtmenge redundanter Begriffssysteme, ist ein
inadäquates Werkzeug zur Produktion
augmentierter Signifikats-Bedeutung. (Komplizierte
Begriffe und viele unnötige Worte bewirken
nicht mehr Aussage.)
Das gilt selbstverständlich auch für
englische Vokabel: Complexity-based sentence
construction, especially in combination with usage
of redundant wording systems, is an inapplicable
tool for reaching augmented messages.
(Ungefähr dasselbe in Englisch.) Aber oft
klingt Englisch so gut (für
Nicht-Englischsprachige natürlich), dass wir
dazu neigen, die Konnotation des Klanges anstelle
dessen, was tatsächlich gesagt wird, zu
hören. Wir hören also nur oh, ein
schönes, englisches Wort. Wie überaus
ansprechend! oder Ein lateinisches,
kompliziertes Wort! Ein kluges Wort! und
fühlen uns entsprechend minderwertig.
Unnötigerweise, denn schließlich ist das
Gesagte deswegen nicht gescheiter, nur der Sprecher
gemeiner zu den Zuhörern.
PS:
Gubernalzirkulator heißt soviel wie
Lenkraddreher und bezieht sich auf das
Autofahren.
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