Mit
der Entwicklung der regionalen
Souveränität im Fliegen gewannen die
Flüge meiner
Völker
an Höhe (die sich zu diesem Zeitpunkt global
noch nicht gefunden haben und daher noch keine
Philianer
waren), und manchmal liesen sich Gruppen auch mit
den Winden treiben, bis es schließlich
Gruppen gab, deren Heimat Wolken wurden.
Der
Anfang dazu machten recht seltsame und
ungewöhnliche Wolken in einer
Morgendämmerung, aus welcher die ersten
Sonnenstrahlen von unten auf diese kräuselnde
Wolken trafen. Aus diesen Wolken verwandelten sich
die Sonnenstrahlen in kleine und tänzelnde
Flämmchen. Mit diesen Flämmchen (aus
gebrochenem oragenen Sonnenlicht) spielten und
tanzten ein paar kleine Nebelschwaden und
-fleckchen.
Eine
reisende Gruppe meiner Völker traf auf dieses
Lichtspiel bei Sonnenaufgang und wollten sich das
genauer ansehen. Sie flogen daher mit den
spielenden und lichtspiegelnden Wölkchen mit,
und die Wolken schienen darauf zu reagieren und
umrundeten die Gruppe. Daraus entwickelte sich ein
gemeinsamer spielerischer Reigentanz der Wolken mit
der reisenden Gruppe. In diesem Tanz wurde
offenbar, dass diese Wolken etwas Besonderes sind
und auf Bewegungen einzelner Individuen der Gruppe
aus meinen Völkern reagieren. Im weiteren
Verlauf des Tanzes entstanden Bläschen, die an
Seifenblasen, auf denen die Sonnenstrahlen
schillernde kleine und dezente Regenbogen zaubern,
erinnern. Manchmal war die Gruppe einige
Augenblicke in ein solches Licht, bzw. in so
einem Nebel, getaucht und tanzte daraus wieder
hervor, um gleich wieder in ein solches
schillerndes Farbenspiel einzutauchen.
Als
dann einmal die Wasserdichte in den Lüften zu
groß wurde, wurde in einer Schrecksekunde
schnell klar, dass dies keineswegs ein
Naturphänomen, sondern eine eigene Spezies
war, mit denen meine Völker durch eine
gemeinsame Choreographie Kontakt aufgenommen hatte.
Wolken, die sich derart verdichten, sodass sich ein
kleiner und dünner See in den Lüften
bilden konnte, gab es nicht.
Heraus
gerissen aus den traumtänzerischen
Bewegungen und dennoch fasziniert von diesen
interessanten Wesen, die offensichtlich auch
fliegen können und eine Dichte, die an jene
Körper der Mitbetenden erinnerte, einnehmen
können, wurde die Aufnahme eines empathischen
Kontaktes versucht. Weil dies zu keiner Reaktion
führte, wurde erstmals eine Verbalität
probiert. Schon aus Begegnungen mit den Menschen
wusste die Gruppe, dass sich verbale Sprachen
unterscheiden, aber ein ähnlicher Tonfall in
einer Sprachmusik durchaus kompatible Bedeutungen
aufweisen kann.
Daher
wurde ein Summen versucht - und darauf kamen
wunderbare Antworten: Aus den Wolken kamen nach und
nach schöne Lieder, wirkliche
Lieder
und nicht nur Sprachmusik. Daher wurde diese
Spezies von meinen Völkern zunächst als
die der Singenden
Wolken(seen)
bezeichnet. Manche sagen, dass darin meinen
Völkern ein Keim für den eigenen Gesang,
der ja später von den Waldhütern
entwickelt wurde, gelegt wurde; zumal in diesem
Summen und Gesang der Wolken, die sich ohne
weiteres zu Seen der Lüfte verwandeln konnten,
ein Zusammenhang zur Verdichtung erkannt
wurde.
Nach
einer Weile tänzerischen und mitsummenden
Fliegens und Spielens mit den Lichtern der
aufgegangenen Sonne, kehrte nun die Gruppe zu ihrem
Heiligen Berg zurück, um andere Gruppen, die
sich in ihrer Nähe aufhielten, beim kommenden
Levitationsfest von ihrer Begegnung mit den
Singenden Wolken zu erzählen.
Auf
diese Weise erfuhr auch das Volk
Weltenmond
von den Singenden Wolken, und ihnen sollte bei
einer Nachtreise mehr von den Singenden Wolken
offenbar werden. Denn beide Spezies - meine
Völker und die Singenden Wolken - waren
einerseits Forscher, Erkunder und gleichzeitig
andererseits Forschungs-Objekte. Durch
ihr Interesse untereinander waren weitere
Begegnungen vorgezeichnet. Im Volk Weltenmond wird
nämlich beim Heiligen Nachtmahl immer eine
lange Nachtreise unternommen, und es gilt zudem als
statthaft dabei ein größeres
Gewässer zu überqueren.
Als
sich eine Gruppe aus diesem Volk auf einer solchen
Nachtreise weltrücklings und dem Vollmond
zugewandt über einem Gewässer befand,
wurde der Mond aufeinmal trüb, um kurz danach
wieder klar und um einen nebelhaften
Regenbogenkreis reicher zu werden. Dieser Kreis
stand nicht still, sondern schien selbst um den
Mond zu tanzen. Das veranlasste die Gruppe sich zu
diesem tanzenden Kreis zu begeben und mitzutanzen
und die Singenden Wolken einzuladen mitzureisen und
am Fest teilzuhaben. Diese Einladung war einerseits
ein Einsummen, um wieder Lieder hervor zu locken
und andererseits schlängelnde Bewegungen um
einzelne Wesen der Singenden herum und auch wieder
etwas weg von ihnen und etwas zurück zu ihnen,
um ihnen die Reiserichtung mitzuteilen.
Überhaupt
kann man sich die Kontaktaufnahme mit den Singenden
Wolken wie jene von Kleinkindern untereinander
vorstellen. In der realen Welt ist es
ja auch erstaulich, wie schnell sich Kinder
unterschiedlicher Sprachkreise untereinander
verständigen können. Eine
denkend-reflektierender Kontakt mit Begriffs- und
Konzeptabklärungen oder dergleichen gab es
nicht.
In
jener Nachtreise mit einer Gruppe aus dem Volk
Weltenmond wurde deutlich, dass die Singenden
Wolken eigentlich keine Wolkenwesen
sind, sondern ihre Heimat in den großen,
dunklen Gewässern haben. Die Singenden
wunderten sich nämlich wieso die Gruppe bei
der Gewässerüberquerung auf den
Rücken legt und sich dem Mond zuwendet. In
diesem Moment der Drehung begegneten sie eine
andere Gruppe meiner Völker, welche die
Überquerung des unten liegenden Sees
überhaupt vermeiden wollte.
Die
Singenden bildeten eine Art
Nebelstraße über den See, um
den Reisenden die Furcht vor dem Wasser zu nehmen.
Durch den Vollmond vermochte diese Straße zu
glitzern. Kurz darauf verwandelte sich die
Straße in eine Art Schale und dann in einen
großen ausgefüllten Kreis, welche sich
langsam vom Ufer wegbewegte und dann gleich auf die
wartende Gruppe zubewegte. Dabei führten die
Singenden pulsierende Verdichtungen durch, welche
durch das vom Mond reflektierte Licht besser
wahrnehmbar wurde.
Die
Reisenden beobachteten die Singend-Verdichtenden
und begaben sich schwebend über der
großen Schale, welche das Mondlicht
reflektierte und den Blick zum dunklen
Gewässer verdeckte. Auch die Gruppe aus dem
Volk Weltenmond wendete ihren Blick auf die Schale
und den darin dezenten Lichtspielen aus den
Verdichtungsspielen der Hydronen
zu. Das Lichtflackern erinnerte an Polarlichtern
innerhalb der Schale, und von unten gab es eine
Unterstützung
für die beiden Gruppen meiner Völker. Zum
ersten mal wurden sie
getragen.
Diese
Erfahrung von anderen fliegenden Wesen singend
getragen zu werden war sicher ein Keim zur
späteren Motivation selbst andere Wesen - z.B.
Solide - zu tragen und sie an der Lebensweise und
den Reisen teilhaben zu lassen.
Die
Hydronen,
welche von meinen Völkern später
schließlich als die Singenden
(Ver-)Dichter oder als Mittler der
Gewässer bezeichnet wurden, setzten
einen Prozess (mit) in Gang, aus welcher die
Waldhüter der Philianer die empathische
Annäherung und die ersten Ansätze ihrer
späteren Schauspielsprache entwickelten. Die
Errungenschaft der Musik meiner Völker kann
damit u.a. auf diese singend-tragende und
mondlichtspielende Urerfahrung
zurückgeführt werden.
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